Gian-Marco Wetter: Der Traum vom Spengler Cup

SLAPSHOT
SLAPSHOT

Stürmer Gian-Marco Wetter hat sich bei den Lakers so gut entwickelt, dass sein Debüt in der Nationalmannschaft eine Frage der Zeit sein könnte.

Gian-Marco Wetter SLAPSHOT
Gian-Marco Wetter ist einer der dienstältesten Spieler bei den Lakers. Der Stürmer hat sich dort so gut entwickelt, dass sein Debüt in der Nationalmannschaft eine Frage der Zeit sein könnte. - KEYSTONE/Christian Merz

Recherchiert man zu Gian-Marco Wetter, findet man nicht viel. Er hat keine eigene Website, keinen Account bei Instagram und Facebook. Das passt zu seinem eher zurückhaltenden Wesen. Betreffend Körpergrösse und Gewicht wird man auch erst durch Nachfrage beim Spieler klüger.

Während im Zeitpunkt der Recherche Mitte November auf der Website der Lakers, in der Plattform Eliteprospects und im SLAPSHOT Hockey-Guide 24/25 die Körpergrösse einheitlich mit 1,74 m angegeben ist, variiert das Gewicht von 72 kg (Lakers) über 77 kg (Eliteprospects) bis 79 kg (Hockey-Guide). Was stimmt? 1,70 m und 78 kg …

Gian-Marco Wetter
Gian-Marco Wetter in Aktion auf dem Eis. - PostFinance/KEYSTONE/Juergen Staiger

Wetter muss schmunzeln. «Woher die 4 cm kommen, weiss ich wirklich nicht. Und das Gewicht war 2019 bei meinem Wechsel nach Rapperswil-Jona 72 kg. Jetzt wiege ich 78 kg.» Rechne: 1 kg mehr pro Saison am Obersee …

Nicht nur sein Körpergewicht hat sich bei den Lakers entwickelt. Der 24-jährige, in Diepoldsau aufgewachsene Wetter hat ebenso als Spieler Fortschritte gemacht – nicht als Senkrechtstarter, aber über die Jahre hinweg.

Als er 2011 bei den Minis des SC Rheintal mit Eishockey begann, war noch nicht absehbar, ob es für eine Spitzensportkarriere reichen würde. Als 2014 Vjeran Ivankovic, damals Trainer der U15 des HC Davos, Wetters Vater kontaktierte, war der Entscheid bald gefallen: Wetter wechselte nach Davos und besuchte das dortige Sportgymnasium.

«Zu Beginn meiner Zeit in Davos war immer noch offen, ob ich für die National League gut genug sein würde», blickt Wetter zurück. Zu jener Zeit ging er mit seinen Teamkollegen regelmässig als Fan an den Spengler Cup.

In der Spielzeit 2018/19 debütierte er für den HCD in der National League (7 Spiele), 23 Spiele absolvierte er als Leihspieler bei den Ticino Rockets. Wetter sah zu geringe Chancen, beim HCD genügend Eiszeit zu erhalten, und wechselte deshalb im November 2019 zu den Lakers.

Gian-Marco Wetter
Gian-Marco Wetter (l.) im Kampf um den Puck gegen Niklas Hansson vom EV Zug. - PostFinance/KEYSTONE/Philipp Schmidli

Ab der zweiten Saison spielte er dort regelmässig in über 40 Partien pro Regular Season und dreimal in den Playoffs. Zwischen 9 und 18 Skorerpunkte resultierten in den Regular Seasons.

In der laufenden Meisterschaft verzeichnete er bei Redaktionsschluss bereits 7 Tore und 5 Assists in 24 Spielen. Er ist statistisch auf dem Weg zur besten Spielzeit seiner Karriere.

Stefan Hedlund, am zweiten Adventssonntag als Lakers-Coach freigestellt, ebenso wie Nationalcoach Patrick Fischer traut Wetter 15 Tore in der Regular Season zu.

Im SLAPSHOT Hockey-Guide steht nämlich: «15 Treffer sind möglich, aber er muss dringend kaltblütiger werden.» Wetter wehrt sich nicht gegen diese Erwartungen, erachtet sie als realistisch.

Welches sind die Gründe für seine Leistungssteigerung? Wetter hat sich in Rapperswil-Jona von Anfang an sehr wohl gefühlt. Er schätzt die Strukturen im Klub. «Bei den Lakers spürte ich sofort das Vertrauen. Dieses will ich dem Klub zurückzahlen.»

Die vom nun entlassenen Trainer Hedlund, seinem Staff und Sportchef Janick Steinmann propagierte Hochleistungskultur passt dem Rheintaler mit Innerhoder Bezug (Geburts- und Bürgerort Appenzell).

Gian-Marco Wetter
Gian-Marco Wetter sieht bei den Lakers gute Voraussetzungen für die Zukunft. Er hat seinen Vertrag bis 2027 verlängert. - POSTFINANCE/KEYSTONE/Gian Ehrenzeller

«Ernsthaft mit einem Wechsel zu einem anderen Klub habe ich mich nie beschäftigt, weil ich stets der Überzeugung war, bei den Lakers die besten Voraussetzungen zu finden», sagt Wetter, der im Sommer seinen Vertrag bis 2027 verlängert hat.

Hedlund bezeichnete ihn im Interview, das vor seiner Freistellung stattfand, als «Allzweckwaffe». Er habe Spielmacherqualitäten, ein überdurchschnittliches Puckhandling, könne das Spiel gut lesen und sei ein hervorragender Schlittschuhläufer.

«Gianni kann mit seiner Mentalität im Powerplay wie im Penaltykilling wertvolle Dienste leisten.» Hedlund verwies im Gespräch zudem darauf, dass Wetter zu jenem Zeitpunkt einer der erfolgreichsten Lakers-Spieler war, was das Provozieren gegnerischer Strafen angeht, während er selbst durch intelligentes und schnelles Spiel kaum eigene Strafen kassiert. Oder um es mit Patrick Fischer zu formulieren: «Er hat seinen Stock im Griff.»

Wetters vielseitige Fähigkeiten waren in der Vergangenheit manchmal Segen und Fluch zugleich. Spieler wie er, die sowohl als Flügel wie als Center auflaufen können, drohen im Lineup hin- und hergeschoben zu werden, wo gerade Bedarf besteht.

In der laufenden Saison stellten die Coaches Wetter häufig in der gleichen Linie als Flügel zusammen mit Yannick-Lennart Albrecht als Center und Malte Strömwall als weiterem Flügel auf, bevor Albrecht sich Mitte November so schwer verletzte, dass er wohl bis Jahresende ausfällt.

«Die fixe Linie hat sicher zu meinen besseren Leistungen beigetragen», glaubt Wetter.

Die Steigerung hat Nationalcoach Patrick Fischer registriert. Er hat Wetter 2022 und 2024 ins Prospect Camp eingeladen, weil er sein Potenzial gesehen hat: «Gianni ist ein spannender, schlauer Spieler, der mit seinen Pässen Überraschungsmomente und Chancen kreiert.»

Patrick Fischer
Patrick Fischer ist seit 2015 Trainer der Nationalmannschaft. - IMAGO/ Frederik Karlsson

Er müsse im Slot effektiver werden, dann habe er gute Perspektiven, Nationalspieler zu werden. «Gianni ist noch jung. Er wird seine Chance kriegen, wenn er sich weiter so entwickelt wie bisher.»

Wetter feilt intensiv an seiner Schusstechnik. «Ich fokussiere darauf, vermehrt in den Slot zu fahren, dorthin, wo es wehtut. Nur so kann ich ein effektiverer Skorer werden.»

Hedlund nannte Kraft, Schnelligkeit und Schüsse als Schlüsselfaktoren, an denen Wetter arbeiten müsse. «Dann wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis er zu seinem ersten Länderspiel kommt.»

Dafür investiert Wetter zusätzlich auf eigene Kosten in monatliche neurowissenschaftliche Trainings in Luzern.

Er begann damit vor zwei Jahren aufgrund einer Hirnerschütterung. Hauptsächlich werden in diesen Trainings die Reaktions- und Koordinationsfähigkeit sowie das räumliche Sehen verbessert.

Die vergangene Meisterschaft verlief für die Lakers nach drei Playoff-Teilnahmen enttäuschend. «Wir sind in eine Negativspirale geraten, die schwer zu durchbrechen war», resümiert Wetter.

Gian-Marco Wetter
Gian-Marco Wetter möchte als Spieler am Spengler Cup teilnehmen. - POSTFINANCE/KEYSTONE/Gian Ehrenzeller

In der laufenden Saison gab es nach einem guten Start ein Déjà-vu: Von den letzten 15 Spielen bis zur Freistellung Hedlunds gingen 12 verloren, in den letzten 7 Spielen resultierten ebenso viele Niederlagen.

Die Verantwortlichen des Klubs erachteten einen Impuls als notwendig. Sportchef Steinmann betonte, der Entscheid sei extrem schwer gefallen, weil Hedlund ein sehr guter Coach sei. Dieser sagte nach seiner Freistellung: «Ich habe alles getan, was ich konnte, aber es war nicht genug.»

Nebst guten Leistungen bei den Lakers und Länderspielen hat Wetter ein weiteres Ziel: die Teilnahme als Spieler am Spengler Cup. «Die Stimmung ist einfach grossartig. Es ist jedesmal eine tolle Zeit», schwärmt Wetter.

Das Ziel kann er auf zwei Wegen erreichen: Indem er mit den Lakers ans Turnier eingeladen wird oder indem er zurück zum HCD wechselt. Er hegt keinen Groll, dass ihm der Durchbruch im Landwassertal damals nicht gelungen ist.

Eine Rückkehr wäre für ihn denkbar, ist aber derzeit kein Thema. Weil seine aus Davos stammende Freundin vor zwei Jahren zu ihm nach Jona gezogen ist und kein Heimweh verspürt, entfällt ein gewichtiges Argument für einen solchen Wechsel …

Nicht als Ziel deklarieren möchte Wetter, der vor einem Jahr ein Fernstudium in Wirtschaft begonnen hat, ein Engagement in Nordamerika. «Die NHL ist ganz weit weg», sagt er.

Im Gegensatz zu ihm hat ein Teamkollege aus den Juniorenzeiten im SC Rheintal den Durchbruch geschafft: Der Vorarlberger Marco Rossi ist seit vergangener Saison Stammspieler der Minnesota Wild.

Bei den Minis Top des SC Rheintal stürmten die beiden in der Saison 2013/14 gemeinsam. Rossi sammelte in 21 Spielen 17 Skorerpunkte, Wetter in 24 deren 11. Da war Wetter nicht ganz weit weg …

***

Über Gian-Marco Wetter

Geboren: 8. Mai 2000. Grösse: 170 cm. Gewicht: 78 kg. Vertrag: bis 2027.

Stationen: bis 2014: Rheintal. 2014 bis 2019: Davos (Nachwuchs, 7 Spiele NL). 2018-2020: Ticino Rockets (Leihe). Seit 2019: Rapperswil-Jona (Nachwuchs, NL).

Grösste Erfolge: 2017 Schweizer Meister Elite Novizen mit Davos. 2020 Schweizer Meister U20-Top mit Rapperswil-Jona.

Mehr zum Thema:

Weiterlesen