Josh Holden hat ihn nicht vergessen
Nico Gross hat seine Profi-Karriere beim EV Zug lanciert und spielt nun beim HC Davos. Der nächste Schritt soll die Nationalmannschaft sein.
Als Kind war Nico Gross HCD-Fan. Seine Profi-Karriere lancierte der Engadiner dennoch beim EV Zug, der ihn mit seinem damals neuen Ausbildungsprogramm überzeugte. Nun ist er in Davos, wo er den nächsten Schritt in der Entwicklung zum Nationalspieler nicht nur tätigen will, sondern auch muss. Als 24-Jähriger steht er an einem Scheideweg.
Nico Gross ist zurück an jenem Ort, wo sein Herz als junger Eishockeyspieler war. Der Bündner wurde auf der offenen Ludains in St. Moritz gross, die ältesten Erinnerungen sind diese: «Wir haben bei jedem Wetter gespielt, egal, ob Schnee, Regen oder Sonnenschein.» Als Engadiner lag es auf der Hand, dass er HCD-Fan wurde, Matchbesuche als Fan inklusive.
Doch als er 14-jährig einen ersten grossen Entscheid für die Profikarriere treffen musste, war der Verstand stärker als das Herz. Gross war im Nachwuchs des EHC St. Moritz den meisten Teamkollegen nicht nur spielerisch, sondern auch körperlich überlegen: Als er mit 13 bei den U15 37 Tore in 19 Spiele erzielte (als Verteidiger!), wusste er: «Ich muss nun auf höchstem Level spielen.» Er ging nicht nach Davos, sondern zum EV Zug, weil dieser mit seiner damals neuen Nachwuchs-Academy um ihn warb – mit Erfolg.
Und nun, zehn Jahre später, schliesst sich der Kreis. Gross verteidigt beim HC Davos. Auch, weil er beim EVZ nach guten und harten Lehrjahren erneut an einen Punkt mit einem wichtigen Entscheid kam. Beim EVZ sah er keine Chance mehr auf eine Top-4-Rolle. Mit zwei Ausländern (es kam noch ein Dritter), Tobias Geisser und dem aufstrebenden Leon Muggli sah er mindestens vier Verteidiger in der Hierarchie vor sich.
Und dann war da noch die Erinnerung an den Abgang Josh Holdens vor einem Jahr, der den EVZ als Assistenztrainer Richtung Headcoach-Job in Davos verliess. Der Kanadier hatte dem jungen Verteidiger versprochen, ihn nicht zu vergessen. «Josh war in der Tat ein Faktor bei meinem Wechsel nach Davos», sagt Gross.
Mit 24 Jahren gilt er für einen Verteidiger immer noch als eher jung, in Davos dürfte sich entscheiden, in welche Richtung seine Karriere gehen wird. Bis 2026 hat Gross in Davos unterschrieben, er hat sich zwei klare Ziele gesetzt: Ein Spieler werden mit mehr Verantwortung, einer der kurz vor Spielschluss bei engem Spielstand auf dem Eis steht. Und erstmals ein Aufgebot von Nationaltrainer Patrick Fischer erhalten.
Dass aus Nico Gross einst ein Nationalspieler werden könnte, schien in seiner Zeit als Nachwuchsspieler mehr als nur eine Möglichkeit zu sein. 2014 beim EVZ angekommen, war er weiterhin seiner Zeit voraus: Mit 15 verteidigte er bereits in der U20, mit 16 spielte er seine erste Saison bei Zugs Swiss-League-Team.
Um dem Traum von einer NHL-Karriere ein wenig näher zu kommen, wechselte er auf Anraten seines Agenten 17-jährig in die kanadische Juniorenliga nach Oshawa, einem Vorort Torontos. Drei Jahre blieb er. Er erlebte hautnah, dass in der Canadian Hockey League der Fokus eher auf den Spielen als den Trainings liegt – erst recht, wenn er das Erlebte mit seinen Erfahrungen beim EVZ verglich.
Zunächst lief alles nach Plan: Gross wurde 18-jährig von den New York Rangers gedraftet, zwei Mal durfte er danach vor der Saison im Haupt-Camp mit den Profis mittrainieren. Der nordamerikanische Traum ging aber nicht in Erfüllung. Mittlerweile hält keine NHL-Organisation mehr die Rechte an Gross.
20-jährig kehrte er zurück nach Zug, mit dem Selbstvertrauen des Leistungsträgers in Oshawa, der am Ende pro Spiel 20 Minuten aufs Eis durfte, Powerplay inklusive – die Umstellung im Team von Dan Tangnes hätte nicht grösser sein können. «Dan nahm mich hart ran, er wollte vor allem, dass ich defensiv besser werde, alles andere war nur noch ein Bonus.»
Gross weiss, dass dies keine Strafe seines Trainers war, sondern Vorbereitung auf die Realität der National League: «Die Liga ist mittlerweile so gut», sagt er, «wenn du defensiv nicht verhebst, stellt dich kein Trainer mehr auf.»