Der ewige Massy
Als Spieler wurde Didier Massy mit dem HC Lugano zwei Mal Meister. Dann startete er als Schiedsrichter durch – und ist auch mit 61 Jahren noch ganz oben dabei.
Wer einen fleischgewordenen Beweis für die Leidenschaft fürs Eishockey sucht, der findet ihn in der Person von Didier Massy. 61 Jahre ist der Walliser alt, aber kein bisschen eishockeymüde.
«Das ist meine 55. Saison in Folge, in der ich im Eishockey aktiv bin. Ich bin immer noch dabei, und solange ich den Plausch habe – weshalb sollte ich damit aufhören?», sagt und fragt er lachend, um dann betreffend Jahre nachzuschieben: «Wenn man etwas liebt, sollte man nicht zählen.»
So ist das Eishockey seit über fünf Jahrzehnten ein fixer Bestandteil von Massys Leben. Er hat als Spieler für den HC Sierre, den HC Lugano und den HC Davos auf höchster Ebene gespielt, wurde mit Lugano zweimal Meister und stieg mit Sierre in die damalige NLA auf. Es sei eine schöne Zeit gewesen, verbunden mit schönen Erinnerungen.
«Das ist alles schon fast 40 Jahre her und irgendwie auch lustig, heute könnte ich ja der Vater oder Grossvater der Spieler sein», sagt der einstige Verteidiger. «Ich liebe das. Ich bin gut in Form, trainiere und habe zuerst Andreas Fischer und nun Philipp Rytz gesagt: Wenn ihr mich braucht, bin ich da, wenn nicht, ist das kein Problem, ich kann auch andere Dinge machen.»
Strassenverkehrsamt statt Trainerbüro
Wie so viele einstige Spieler hat auch Didier Massy nach seiner Aktivlaufbahn daran gedacht, ins Trainermetier einzusteigen. Er sammelte erste Erfahrungen bei Sierre, merkte aber bald, dass dies nicht das Richtige ist für ihn.
Er sagt: «Damals hatte ich noch den professionellen Esprit in mir. In der NLB war es aber nur halb-professionell. Ich hatte Mühe, wenn sich nicht alles ums Eishockey drehte, diese Kompromisse zu machen, mich zu arrangieren.»
Er beendete dieses Abenteuer wieder, zumal er die Chance hatte, beim Strassenverkehrsamt in Sion als Experte anzufangen, wobei es nicht möglich war, diese Tätigkeit parallel zu einem Trainerjob in der NLB auszuüben.
«Ich entschied mich für diese berufliche Karriere und nicht für den Weg als Coach, da diese Jobs sehr schwierig sind und ich keine Lust hatte, Sierre zu verlassen», blickt Didier Massy zurück.
Strassenverkehrsexperte ist der Walliser immer noch, aber nicht mehr am selben Ort. Seit fünf Jahren leitet er die technischen Zentren des TCS in Sion und Brig, arbeitet da in einem 80-Prozent-Pensum, «und dazu kommen 60 Prozent als Schiedsrichter», sagt er lachend, schwächt dann aber sofort ab: «Nein, nein, in der Sky Swiss League geht es gut, da sind es zwei Spiele pro Woche, das kann ich mir problemlos einrichten.»
Keine Lust mehr auf Checks
So ist er immer noch auf dem Weg, den er nach seiner Aktivkarriere eingeschlagen hat.
«Im Sport und im Eishockey braucht es Führungspersonen, Trainer und Schiedsrichter – und ich habe mich für das Schiedsrichterwesen entschieden. Die Referees erlauben es den Spielern zu spielen, denn ohne Schiedsrichter gibt es keine Matches», erklärt er wie in einem Werbespot. Wobei diese Worte ehrlich gemeint und nicht gekünstelt sind, denn wer so lange eine solche Tätigkeit ausübt, braucht diese Passion.
Und nebenbei trainiert er auch noch mit dem Drittliga-Team des HC Anniviers und spielt bei den Veteranen. Weil er zwar immer noch gerne spiele, aber keine Lust mehr auf Checks habe. «Und in der ersten Mannschaft stehe ich mit meinen Kindern auf dem Eis. Früher haben meine Kinder mit mir gespielt, jetzt spiele ich mit ihnen», sagt Massy schmunzelnd.
Fünf Jahre ist es nun her, da flatterte die Nachricht von Massys Rücktritt durch den Schweizer Blätterwald. Es war eine Art Abschied auf Raten.
«Das war mein Rücktritt aus der National League, in der Sky Swiss League bin ich immer noch dabei, denn wir brauchen ja auch nach wie vor Schiedsrichter», sagt der 61-Jährige. Er habe dem damaligen Schiedsrichterchef Andreas Fischer gesagt, dass er nach zehn Jahren als Head in der National League aufhören möchte. Aber dass er zur Verfügung stehe, wenn man ihn in der Sky Swiss League, in anderen Ligen oder im Verband brauche.
«Er wollte mich dann in der Sky Swiss League einsetzen, um so einen Routinier zu haben, den man im Notfall auch in der National League einsetzen könnte», blickt Massy zurück.
«Ich war damit einverstanden, unter der Bedingung, dass ich jederzeit aufhören kann, wenn es mir nicht gefällt. Nun bin ich die fünfte Saison in der Sky Swiss League und das ist super. Ich bin viel mit den Jungen zusammen, das ist interessant. Und wenn man mit den Jungen zusammen ist, bleibt man selber auch ein wenig jünger.»
Die Referees in den Klubs suchen
Die Aufgabe zum Wohle dieses Sportes hat ihren Reiz auf den einstigen Eishockeyprofi nicht verloren. Und er sieht auch Lösungsansätze, um vermehrt frisches Blut im Bereich «Officiating» zu bekommen.
Massy sagt: «In der Vergangenheit hatte man sicherlich Optimierungspotenzial in der Rekrutierung. Man wartete, dass Interessierte kommen, um Schiedsrichter zu werden. Aus meiner Sicht sollte man die Referees aber vielmehr in den Klubs suchen, Spieler dazu bringen, dass sie sich nach ihrer Karriere als Schiedsrichter zur Verfügung stellen.»
Er habe diesen Weg nie eingeschlagen, um jemandem einen Gefallen zu machen, sondern weil ihm das Eishockey gefällt. Wenn man Spieler war und dann als Schiedsrichter beginnt, geht man in seinen Augen auch ein gewisses Risiko ein und hat etwas zu verlieren.
«Am Anfang finden es alle super, sprechen davon, dass man der beste Schiedsrichter der Welt sei. Wenn dann aber dieselben Leute zwei-, dreimal nicht mit deinen Entscheiden einverstanden sind, verschwindet bei ihnen das Bild, das sie von einem als Spieler gehabt hatten und man wird ein Schiedsrichter wie jeder andere.»
Soviel zum Risiko. Denn der Walliser sieht auch die positiven Dinge, erwähnt einmal mehr den Slogan «no ref – no game.» und dass man mit dem eigenen Engagement vielen anderen Spielerinnen und Spielern die Möglichkeit gibt, ihre Leidenschaft auszuüben.
«Und ich denke, dass wir ehemaligen Spieler ein Feeling haben, das die Spieler auf dem Feld schätzen. Wir verstehen sie, wenn sie etwas machen, was sie nicht hätten tun sollen, weil wir in ihrer Situation als Spieler wohl auch so entschieden hätten», so Massy.
«Wir können das Spiel vielleicht besser lesen als jemand, der die Rolle eines Schiedsrichters zuerst lernen muss. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist nicht zwingend nötig, ein guter Spieler gewesen zu sein, um ein exzellenter Schiedsrichter zu werden!»
«Ich stehe einfach zur Verfügung»
Die Schiedsrichterkarriere von Didier Massy neigt sich dem Ende entgegen. Von Jahr zu Jahr wird entschieden, ob er in der Sky Swiss League weitermacht oder die Pfeife zur Seite legt. Wobei ihm wichtig ist zu erwähnen, dass nicht nur er entscheidet:
«Auch der Verband kann sagen, wenn er andere Pläne hat. Ich stehe einfach zur Verfügung, auch wenn man mich anderswo einsetzen will. Wichtig ist: Im Sport generell und gerade im Spitzensport soll man nie Anerkennung erwarten. Wenn man etwas macht, dann weil es einem gefällt und nicht weil sich ein Spieler bedankt – das passiert sehr, sehr selten.»
Die Passion für diesen Sport ist beim «ewigen Massy» zu spüren. Er sagt, dass für ihn ein Leben ohne Eishockey vorstellbar ist, präzisiert dann aber sofort:
«Ich fahre gerne Velo, habe mit Langlauf begonnen. Ohne Schiedsrichterwesen ist es möglich, aber nicht ohne Eis! Ich habe immer noch Freude am Spiel, an der Kameradschaft.»
Und auch rund ums Schiedsrichterwesen gebe es noch weitere Aufgaben, man könne als Supervisor tätig sein, in der Rekrutierung, «es ist sehr vielfältig und braucht enorm viele Leute und Engagement im Hintergrund, gerade bei der Suche nach neuen Schiedsrichtern in den Klubs».
Und wer weiss, vielleicht wird er auch plötzlich noch ein Teil des ambitionierten Sierre-Projektes von Chris McSorley. Als Verbandsfunktionär ist er da heute nicht involviert, weil er neutral bleiben will. Aber wenn er mal mit dem Schiedsrichterwesen aufhört, kann er sich vorstellen, sich da zu engagieren.
Denn er sagt: «Es ist ein herrliches Projekt, McSorley und alle Involvierten leisten eine enorme Arbeit, und ich hoffe, dass es realisiert werden kann. Die Grabenhalle ist sehr alt, und ich bin sicher, dass im französischsprachigen Teil des Wallis das Hockey in Sierre sein muss und nirgendwo anders – und im Oberwallis in Visp.»