EHC Olten: Jules Sturny – «Vor den Spielen gab es Süssigkeiten»
Der 29-jährige Stürmer Jules Sturny des EHC Olten spricht über die spezielle Meisterschaft in Down Under und über seine Zeit im Inlinehockey-Nationalteam.

SLAPSHOT: Im Sommer spielten Sie in der Australian Ice Hockey League. Was sagten die Beamten, als Sie mit mehreren Stöcken im Gepäck durch den Zoll liefen?
Jules Sturny: Ich hatte sechs Stöcke und eine grosse Hockeytasche dabei, die Polizisten trauten ihren Augen kaum. Sie fragten mehrmals: «Wollen Sie hier wirklich Eishockey spielen?» Sie hatten vieles erwartet, aber nicht so etwas.
SLAPSHOT: Ein Schweizer Profi, der in Australien Eishockey spielt – das ist ja auch ziemlich sonderbar. Wie kam es dazu?
Sturny: Ich suchte ein Abenteuer und wollte reisen – mit dem Eishockey ist das eher schwierig. Deshalb schaute ich, wo im Sommer gespielt wird; dass es eine Liga in Australien gibt, hatte ich bereits gewusst. Ich fragte meinen Agenten, ob er etwas arrangieren könne. So entstand der Kontakt zu Brisbane Lightning.
SLAPSHOT: Und Sie erhielten einen Vertrag?
Sturny: Eigentlich war es kein echter Vertrag, für mich wurde nur eine Lizenz gelöst. Ich war von Anfang April bis Mitte Juli dort, einen Lohn erhielt ich nicht, aber das war mir auch überhaupt nicht wichtig. Wir Ausländer lebten in einem grossen Haus, jeder hatte ein Zimmer und der Klub stellte ein Auto zur Verfügung.
SLAPSHOT: Und der Plan mit dem Reisen – ging er auf?
Sturny: Definitiv! Das Flugticket zu den Auswärtsspielen wurde vom Klub bezahlt, ich durfte nach den Spielen mehrere Tage in der Stadt bleiben und herumreisen; es war egal, dass ich dann die Trainings verpasste.

So entdeckte ich Städte wie Perth, Sydney, Canberra, Melbourne und Cairns. Manchmal flog ich dann direkt ans nächste Spiel.
SLAPSHOT: Für Brisbane bestritten Sie zehn Partien, buchten 32 Skorerpunkte. Die Frage drängt sich auf: Wie hoch ist das Niveau in dieser Liga?
Sturny: Es gibt grosse Unterschiede, nur schon innerhalb der Teams. Einige Ausländer waren stark, bei Melbourne spielte David Booth, der zehn Saisons in der NHL engagiert war. Auch bei uns spielten Kanadier und Amerikaner, zudem einer, der für die Mongolei an der Weltmeisterschaft teilnahm.
Die erste Linie war in der Regel sehr solide, generell aber hatten die Teams etwa gutes 2.-Liga-Niveau. Alles war natürlich anders als bei uns.
SLAPSHOT: Erzählen Sie.
Sturny: In Australien sind die Eishallen viel kleiner, sie bieten vielleicht Platz für 600 oder 700 Leute, aber sie waren immer ausverkauft. Und es wurde immer eine Show inszeniert, vor jedem Spiel hat jemand die Nationalhymne gesungen.
Weil es in Brisbane hinter dem Tor kein Plexiglas, sondern nur ein Netz gab, waren die Fans wirklich hautnah dabei. Wir haben immer mit ihnen abgeklatscht. Und von einigen Fans gab es schon vor den Spielen Süssigkeiten (lacht).
SLAPSHOT: Die Distanzen sind in Australien gross. Sassen Sie oft im Flugzeug?
Sturny: Wir flogen an jedes Auswärtsspiel. Es kam vor, dass der eine oder andere seine Stöcke daheim vergessen hatte, dann musste er halt improvisieren und welche ausleihen. Wir bestritten in jeder Stadt pro Wochenende zwei Partien, so verbrachten wir viel Zeit zusammen.

Lustig war, dass die Strafbanken direkt neben den Spielerbanken positioniert waren und nicht wie bei uns auf der anderen Seite. Wenn die Strafe abgelaufen war, durfte irgendein Spieler zurück aufs Eis.
SLAPSHOT: Klingt abenteuerlich.
Sturny: Es geht in Australien natürlich nicht so professionell zu und her wie bei uns. Speziell war, dass es wie bei uns zwei Head- und zwei Linienrichter gab, am Samstag und Sonntag stand das gleiche Quartett im Einsatz – aber sie tauschten die Rollen.
Das heisst: Wenn man sich am Samstag bei den Linienrichtern so richtig über einen Entscheid beschwerte, zahlten sie es dir 24 Stunden später als Headschiedsrichter heim (lacht).
SLAPSHOT: Sie wechselten auf diese Saison hin von Basel nach Olten. Gab es im Klub keine Bedenken, weil Sie den Sommer am anderen Ende der Welt verbrachten?
Sturny: Es gab keine Diskussionen, der Klub unterstützte mich von Beginn an bei meinen Plänen und hatte Freude daran. Das Sommertraining absolvierte ich in Australien, jeden Morgen ging ich joggen oder ins Fitnesscenter.
Und es war ein Vorteil, dass ich das ganze Jahr auf Eis trainieren konnte. Als ich im August bei Olten eingestiegen bin, haben meine Schlittschuhe für einmal nicht gedrückt.
SLAPSHOT: Sie bestreiten Ihre dritte Saison in Serie in der Swiss League, zuvor absolvierten Sie für die SCL Tigers und Davos 188 Partien in der National League. Ist die Rückkehr ins Oberhaus Ihr Ziel?

Sturny: Definitiv, ich habe eine Ausstiegsklausel für die National League in meinem Vertrag. Aber momentan zählt nur Olten, wir sind nicht ideal gestartet, können aber viel erreichen. Es herrscht Aufbruchstimmung, viele träumen vom Aufstieg.
SLAPSHOT: Apropos Stimmung: Schon fast legendär gut soll diese im Inlinehockey-Nationalteam sein, für das Sie oft gespielt haben…
Sturny: …die Freude steht im Vordergrund, im Inlinehockey wird nicht alles so krass ernst genommen. Mit dem Nationalteam spielte ich an Weltmeisterschaften in Belgien und Italien, einmal holten wir sogar die Bronzemedaille.
Und 2022 nahmen wir an den World Games in den USA teil, einem Grossanlass für nichtolympische Sportarten.
Ich spielte lange für meinen Stammklub Embrach in der Nationalliga A, nach dem Rückzug des Vereins war ich zuletzt aber nur noch in der 2. Liga engagiert. Die NLA und das Nationalteam könnten aber wieder zum Thema werden.
SLAPSHOT: Und wie ist es mit einer möglichen Rückkehr nach Down Under?
Sturny: Es ist krass, wie schnell sich alles herumgesprochen hat. Die Verantwortlichen in Brisbane und Sydney möchten, dass ich wieder komme. Und Angebote gibt es auch aus Neuseeland.
Nächsten Sommer werde ich wohl hier bleiben. Aber danach? Es ist möglich, dass ich nochmals in einer solchen Meisterschaft spielen werde.














