Klotens eigenwilliger Blueliner Sami Niku

Slapshot
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Am 20.11.2024 - 12:13

Nicht viele Spieler haben so viel Spektakelpotenzial wie Klotens Sami Niku. Der mehr über Fussballlegende Alan Shearer weiss als über Petteri Nummelin.

Sami Niku
Sami Niku spielt für den EHC Kloten. - PostFinance/KEYSTONE/Patrick B. Kraemer

Das wallende Haar, die milimetergenauen Laser-Pässe, der satte Schuss, die Eleganz im Powerplay: Sami Niku benötigte keinen Monat, um in Kloten die Herzen des Publikums im Sturm zu erwärmen.

Sieben Punkte produzierte Niku in den ersten sieben Partien, das genügte, um in Kloten das Topskorer-Gewand zu tragen. Und den Aussenseiter Anfang Oktober auf den Leaderthron zu hieven.

Niku führt im Schluefweg eine lange Tradition an spektakulären Offensiv-Verteidigern fort, er tritt gerade in die Fussstapfen von Radek Hamr und Micki DuPont. In gewisser Weise war der 27-Jährige eine Transferbombe mit Ansage.

Sami Niku
Sami Niku ist Blueliner mit Spektakelpotenzial beim EHC Kloten. - KEYSTONE/Christian Merz

Denn seine Klasse hat er oft genug bewiesen: Für Winnipeg und Montréal spielte er schon in der NHL. 2017/18 gewann er den «Eddie-Shore-Award» als bester Verteidiger der AHL. 2023/24 war er mit 49 Punkten aus 53 Spielen der produktivste Abwehrspieler der finnischen Liiga. Und mit 27 steht er in der Blüte seines Schaffens.

Froh in einer neuen Liga zu sein

Es hätten noch mehr Punkte sein können, im letzten Winter, doch nach einem Zwist mit dem Cheftrainer Mikko Heiskanen wurde er bei JYP nicht mehr berücksichtigt – und kurz vor Ablauf der Transferfrist von Ende Januar zum Top-Team Ilves Tampere abgegeben, was immerhin den positiven Nebeneffekt hatte, dass er Playoffs spielen konnte.

Niku sagt, er wolle nicht mehr darüber reden, sondern nach vorne schauen. Nur so viel: «Ich bin froh, in einer neuen Liga zu sein und das, was war, hinter mir zu lassen.»

Dem Vernehmen nach bemühten sich schon im Januar NL-Klubs um seine Dienste, Lugano etwa, doch für Niku war es da noch keine Option, Finnland zu verlassen. Er sagt: «Mein Sohn war im Kindergarten, ich wollte die Saison deshalb zu Hause beenden.»

Der Reiz der finnischen Connection

Nach der finalen Partie mit Ilves aber reifte sein Entschluss schnell, in die Schweiz wechseln zu wollen. Mit dem Abgang löste er ein Problem, welches ihm zuletzt arg zusetzte: Der finnische Staat wollte ihn zum Militärdienst einziehen, worauf dieser herzlich wenig Lust hatte.

Ohne auf Details eingehen zu wollen, sagt Niku, die Angelegenheit sei geregelt; er müsse den Dienst nicht mehr leisten. Stattdessen hat er sich in das Abenteuer National League gestürzt, eine Liga, die wie geschaffen wirkt für seine Qualitäten, seinen Spielwitz.

Sami Niku
Sami Niku vom EHC Kloten wird im der Meisterschaftspartie der National League gegen Genf Servette HC von den Beinen geholt. - PostFinance/KEYSTONE/Christian Merz

Doch wie kommt es, dass Kloten mit einem Einjahresvertrag das Rennen machte, einer der Underdogs der NL? Niku sagt: «Für mich ist das ein grosser, traditionsreicher Klub, der schon viel gewonnen hat. Und natürlich hat es geholfen, dass es mehrere Finnen gibt, die mir die Integration erleichtern.»

«In meinem Leben dreht sich sehr viel um Eishockey. Da ist mir Abwechslung willkommen.» Sami Niku

Kloten vertraut auf allerlei finnische Qualität: Da ist der neue Cheftrainer Lauri Marjamäki, da ist sein Assistent Kimmo Rintanen und da sind die Angreifer Niko Ojamäki und Miro Aaltonen. Mit Marjamäki tauschte Niku sich den Sommer über mehrfach aus.

Die Klub-Ikone Rintanen ist seit vielen Jahren für das Powerplay zuständig, er hat das Überzahlspiel schon als Spieler dominiert und seziert. Ein so versierter Dirigent wie Niku stand ihm seit dem Wechsel hinter die Bande noch nie zur Verfügung.

Niku hat ein feuriges Temperament

Wer Niku spielen sieht, fühlt sich unweigerlich an den inzwischen als Assistenztrainer in Ajoie wirkenden Petteri Nummelin erinnert, der das Schweizer Eishockey lange geprägt hat. In Lugano wurde er 2002/03 als einziger Verteidiger seit der Einführung der Playoffs von 1985/86 Liga-Topskorer. War Nummelin ein Vorbild für Niku?

Der winkt ab und sagt: «Ich hatte nie wirklich Idole, sondern habe mein eigenes Ding gemacht. Aber klar weiss ich, wie er spielte. Zwischen ihm und mir gibt es bestimmt Parallelen.» Wobei Niku der giftigere, temperamentvollere Akteur ist. Mit seiner Emotionalität stand er sich in seiner Laufbahn auch schon im Weg; es kam bereits in Nordamerika vor, dass er einem Trainer die Meinung geigte.

In der Heimat sagte er vor ein paar Jahren: «Es gibt Dinge, die bringen mich von null auf hundert. Und dann gibt es nichts mehr, was man tun kann.» Inzwischen ist er als zweifacher Familienvater reifer geworden.

Niku ist Fan von Newcaslte United

Es hat einen Grund, weshalb Niku als Teenager niemandem nachgeeifert ist: Auch wenn seine zwei Brüder sich ebenfalls fürs Eishockey begeisterten (Tomi ist Verteidiger und Juho ist Torhüter), schaute Sami in seiner Freizeit lieber Fussball.

Und tut das auch heute noch – wenn er nicht gerade selbst eine Partie absolviert, verfolgt er jede Partie von Newcastle United live. In seinem Zimmer hingen einst Poster des englischen Stürmerstars Alan Shearer, der 1996 im EM-Eröffnungsspiel im Wembley gegen die Schweiz traf.

Sami Niku
Sami Niku ist Fan von Newcastle United. - PostFinance/KEYSTONE/Til Buergy

Niku ist auch schon selbst zum St. James-Park gepilgert, wo sich Shearer mit seinen Toren unsterblich gemacht hat. Er sagt: «In meinem Leben dreht sich sehr viel um Eishockey. Da ist mir Abwechslung willkommen. Als Knirps habe ich auf der PlayStation Fifa gespielt.

Und mich dabei so ins Logo von Newcastle verliebt, dass ich mir immer dieses Team ausgewählt habe. Seither bin ich ein «eingefleischter Fan». Auf so verschlungenen Pfaden kann eine Fan-Romanze entstehen.

Traum vom NHL-Durchbruch lebt weiter

Dass er auf dem heimischen Sofa nicht stundenlang die Spielzüge von Cale Makar und Roman Josi studiert, hat nichts mit fehlendem Ehrgeiz zu tun. Im Gegenteil: Niku sagt, er habe seinen Traum vom NHL-Durchbruch nicht aufgegeben: «Ich befinde mich im besten Alter. Wenn noch einmal eine Chance kommt, werde ich es versuchen.»

Sami Niku (r) und Niko Ojamaeki (l) vom EHC Kloten am 27. September 2024 in der Swiss Arena in Kloten.
Sami Niku - PostFinance/KEYSTONE/Til Buergy

Wieso er sich bisher nicht festbeissen konnte? «Es ist nicht so einfach für Spieler mit meinem Profil. Ich kriegte oft eine defensive Rolle im dritten Abwehrpaar und wurde nur acht oder neun Minuten pro Match eingesetzt.»

Kurz: Das Timing stimmte bisher nie; Niku wurde auch immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, in Winnipeg war er einst in einen Autounfall verwickelt. Womöglich kriegt er das ja doch noch hin, irgendwann: In der NHL zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Bis es so weit ist, macht er in Kloten allerbeste Werbung in eigener Sache.

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Sami Niku

Geboren: 10. Oktober 1996. Grösse: 185 cm. Gewicht: 88 kg. Vertrag: bis 2025.

Stationen: Bis 2017: JYP (Nachwuchs, Liga). 2017 bis 2021: Winnipeg Jets (NHL), Manitoba Moose (AHL). 2021/22: Montréal Canadiens (NHL), Laval Rocket (AHL). 2022 bis 2024: JYP, Ilves (Liiga). Seit 2024: Kloten.

Grösste Erfolge: diverse persönliche Auszeichnungen in der AHL und der Liiga.

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