Löst die Entlassung von Christian Dubé die Probleme Gottérons?
In dieser Ausgabe von «Pro und Contra» geben Nicola Berger und Michael Krein Antwort auf die Frage, ob die Entlassung von Dubés die Probleme Gottérons löst.
Ja
Von Nicola Berger, SLAPSHOT-Autor und NZZ-Redaktor
In gewisser Weise war Christian Dubé ein Relikt einer längst vergangenen Zeit: Bis im März war er der letzte Würdenträger der National League, der noch im Doppelmandat als Trainer/Sportchef agierte. Es ist eine Machtform von vorvorgestern, die sich in Fribourg aber erstaunlich hartnäckig hielt.
In diesem Jahrtausend wirkten bereits Serge Pelletier und Hans Kossmann in beiden Funktionen. Eigentlich hätte der Klub die Gefahren der Konstellation so längst erkennen müssen: Unter Kossmann, später Meistercoach in Zürich, stürmte Gottéron 2013 als Qualifikationssieger bis in den Final. Doch der Kater war schmerzhaft und der Absturz jäh – das Team war überaltert, in der Hatz nach dem ersten Titel der Klubgeschichte hatte Kossmann den Erneuerungsprozess vernachlässigt. Als er im Oktober 2014 entlassen wurde, war die Mannschaft teuer, alt und satt.
Auch unter Dubé kam der Erneuerungsprozess in den letzten Jahren zu kurz; der Frankokanadier managte so wie es ein Trainer tun würde, was bedeutet: Dem kurzfristigen Erfolg wurde gar viel untergeordnet. Was eine Sache wäre, wenn Gottéron immerhin etwas gewonnen hätte. Aber zwei gewonnene Playoff-Serien in zehn Jahren sind eine miserable Bilanz, die Dubé richtigerweise den Job gekostet hat.
Alleinherrscher haben im Schweizer Eishockey ja ohnehin schon seit längerem ausgedient: Arno Del Curto hat sich im November 2018 aus Davos verabschiedet. Chris McSorley eineinhalb Jahre später unfreiwillig aus Genf. Sie waren die letzten ihrer Art: Männer, deren Wort im Klub für alle Gospel war, vom Anhang über die Spieler bis zum Verwaltungsrat.
Mit Dubé war es bei Gottéron ähnlich, seine Machtfülle war gemessen an den bescheidenen Resultaten erstaunlich. Es war überfällig, dass Gottéron sich für modernere Strukturen entschied, für einen zeitgemässen Führungsstil auch. Mit Roger Rönnberg kommt ab 2025 ein Mann, dem es schon bei Frölunda gelang, eine gesamte Klubkultur positiv zu verändern.
Es ist möglich, dass die Trennung von Dubé nicht in unmittelbarem sportlichem Erfolg zinst. Aber immerhin kann der Verein jetzt von sich sagen, dass er über eine sportliche Strategie verfügt, die über die nächste Doppelrunde hinausführt.
Nein
Von Michael Krein, SLAPSHOT-Autor, Blogger und MySports-Kommentator
Als ich die Medienmitteilung gelesen habe, dachte ich, es sei ein April-Scherz, welcher verspätet auf den Social Media-Kanälen aufgetaucht ist. Nein, die Schlagzeile war vom 27. Mai. Was für ein Paukenschlag, der unantastbare Christian Dubé wurde bei Gottéron tatsächlich seines Amtes enthoben?
Diese Tatsache war aber nur der Gipfel des Eisbergs, denn erst in einem Jahr wird der schwedische «Über-Trainer» Roger Rönnberg bei den Saanestädtern erwartet. Überbrückt wird das Jahr durch den bisherigen Assistenten Patrick Émond. Noch nie in der Geschichte unserer Liga wurde ein Trainer so früh im Voraus verpflichtet.
Die Entlassung Dubés kann die Hockey-Schweiz trotz dem zweiten Rang in der Qualifikation und dem Aus im Halbfinal nachvollziehen, in Dubés Amtszeit haben die Freiburger in sechs Jahren zweimal den Halbfinal erreicht, mehr nicht.
Émond wurde am 10. November 2021 in Genf durch Jan Cadieux, einst U20-Headcoach in Freiburg, ersetzt. Nun soll Émond bei seiner erst zweiten Station als Headcoach das «unmeisterbare» Gottéron für ein Jahr durch die Liga führen. Der Frankokanadier kann also völlig ohne Druck und ohne Erwartungen in Ruhe arbeiten.
Malen wir uns zwei mögliche Szenarien aus: Angenommen, Gottéron erwischt einen schlechten Saisonstart, die Punkte kommen nicht und das Vertrauen in Émond geht verloren?
Halten Klubführung und Sportchef Gerd Zenhäusern dann bis zum bitteren Ende an Emond fest? Würde man im Falle eines Worst-Case noch einen weiteren Trainer oder eine Interimslösung anstelle Emonds an die Bande stellen? Rönnberg, vierfacher Champions League-Sieger und zweifacher schwedischer Meister, könnte sein Amt in Ruhe antreten, muss in seiner Amtszeit aber einen Meistertitel liefern.
Angenommen, Gottéron erwischt, wie im Vorjahr, einen optimalen Saisonstart, die Punkte kommen und das Vertrauen in Émond wächst. Im Frühling spielen sich die Freiburger, noch besser als zu Bykov/Chomutov-Zeiten, in einen Playoff-Rausch und gewinnen gar den ersten Meistertitel der Geschichte und Émond würde als Volksheld in die Geschichtsbücher eingehen.
Trotz des Meistertitels müsste Émond seinen Platz räumen und Rönnberg hätte, mit seinem Palmarès, die schwierigste Aufgabe aller europäischen Ligen und müsste Gottéron erneut zum Titel führen.
Die Leidenschaft «Gottérons» lebt und liebt solche Szenarien, daher sind Gottérons Probleme nie gelöst, nicht einmal nach einem Meistertitel.