Patrick Fischer: In drei Wochen WM kann man emotional viel erleben

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Die Schweizer Nati kämpft in Schweden und Dänemark um Edelmetall. Selbstverständlich mit Ambitionen, wie Nationalcoach Patrick Fischer erklärt.

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Nationalcoach Patrick Fischer und sein Team kämpfen in Schweden und Dänemark um Edelmetall an der Eishockey WM. - KEYSTONE / Gian Ehrenzeller

Am 7. April startete die Nati in Kloten in die WM-Vorbereitung. Also da, wo die Silberhelden vor einem Jahr von den Fans empfangen und frenetisch gefeiert worden waren.

«Es ist eine gute Erinnerung. Es war der Abschluss der Reise 2024, die schwierig gewesen war. Wir hatten ein wichtiges, aber hartes Jahr, in dem wir auch untendurch mussten und das wir am Ende feiernd beenden konnten», sagte Headcoach Fischer nun gegenüber SLAPSHOT zu Beginn der «Mission WM 2025», als er zu verschiedenen Bereichen seine Gedanken verriet. Patrick Fischer über…

… die Gedanken an die WM 2024

«Man soll nicht in der Vergangenheit bleiben, doch sie füllt den Rucksack. Uns hat diese Zeit viel Vertrauen und Motivation gegeben, wir haben viel erlebt, sind aber noch nicht dort, wo uns unser grosser Traum eines Tages hinführt.

Wir ändern unsere Ziele nicht, aber es ist ein schwieriger Prozess, um eines Tages ganz oben anzukommen. Nun fängt dies alles wieder hier in Kloten an.

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Knapp ein Jahr ist es her, seit die Schweiz an der WM in Tschechien begeisterte und Silber gewann. - IMAGO/justpictures.ch

Mit neuen Gesichtern, auch im Staff, und mit jungen Spielern, denn wir haben schon während der Saison gesagt, dass wir neuen Schwung in die Mannschaft bringen wollen.»

… den WM-Titel als grosses Ziel

«Wir gingen 2016 an die WM und sagten: Wir wollen eines Tages den letzten Schritt machen, nachdem wir 2013 schon Vizeweltmeister geworden waren.

2018 und vor einem Jahr durften wir das wiederholen, aber unser Traum, den wir als Schweizer Eishockey hoffentlich eines Tages mal erleben dürfen, der lebt.

Das ist unser Leuchtturm, zu dem wir uns hinbewegen, sonst wären wir mit Silber ja zufrieden.

Wir dürfen uns aber nicht zurücklehnen, müssen noch besser werden, hart arbeiten – und der WM-Titel ist unser Ansporn.

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Immer das Ziel fest im Blick. Nationalcoach Patrick Fischer gibt bei der Schweizer Nati die Richtung vor. - IMAGO/ActionPictures

Ich bin mir bewusst: Jede Medaille an einer WM, egal wo, ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte.

Aber schliesslich geht jeder, der das Gefühl hat, über das nötige Potenzial zu verfügen, an den Start, um zu gewinnen. Ich glaube an unsere Spieler, den Staff, das Land, dass wir es hinkriegen, eines Tages oben zu stehen.

Wir haben nun eine neue Chance, und wir werden alles daran setzen, um uns in eine gute Ausgangsposition für die entscheidenden Spiele zu bringen.»

… die Vorbereitung

«Es ist für mich immer wieder eine schöne Zeit. Während der Saison habe ich wenig Kontakt mit den Spielern und dem Staff, wir sind sehr wenig zusammen.

So freue ich mich immer enorm auf den April und den Mai. Betreffend Vorbereitung sind wir mittlerweile routiniert und wissen, wie viel und was es braucht, wie man die Mannschaft Woche für Woche vorbereiten kann.

In diesem Jahr ist es etwas anders, weil wir wissen, dass es Veränderungen in der Mannschaft gibt. Stammspieler wie Gaëtan Haas, Calvin Thürkauf, Tristan Scherwey oder Fabrice Herzog, die letztes Jahr noch dabei waren, sind verletzungsbedingt nicht dabei.

Zudem wissen wir erst spät, wie viel Support wir aus der NHL haben, so dass wir mit mehreren neuen Spielern antreten.»

… Verbesserungsmöglichkeiten

«Gerade die letzte WM hat gezeigt, dass wir vieles gut machen und in den letzten Jahren gelernt haben. Aber wir sind uns auch bewusst, dass es mega schwierig ist, obenaus zu schwingen. Das gilt für alle Teams.

Bei allem Respekt für eine Top-Nation wie Schweden: Sie hatten nach ihren WM-Titeln 2017 und 2018 in den Folgejahren etwas Mühe. Das zeigt: Gewinnen ist nicht einfach, die Luft ist ganz oben sehr dünn.

Und ja, es gibt Bereiche, in denen wir ganz klar besser werden müssen. Wir müssen wieder schneller umschalten, überfallartiger attackieren, in der Offensivzone variabler werden und mehr Tore schiessen, das ist unser Hauptthema.

Wir haben in dieser Saison zu wenig Tore erzielt, gleichzeitig darf man nicht die Verteidigung vernachlässigen. Ich war ein intuitiver Spieler, habe das Toreschiessen geliebt.

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Bei den Sports Awards 2024 wurde Patrick Fischer zum Trainer des Jahres gekürt. - IMAGO/Bildagentur Monn

Aber man muss sich fragen, wie viel man als Coach ins Team reingeben will, damit die Freude bleibt und die Spieler nicht Roboter werden. Letztlich hat Tore schiessen auch mit Schlauheit auf dem Eis zu tun.

Dass man antizipiert, wohin die Scheibe kommt. Damit der Instinkt waltet, muss man aber frei sein im Kopf. Dazu kommt der Wille, den Unterschied zu machen. Der muss bei unseren Schweizer Spielern noch mehr wachsen.

Früher waren wir es gewohnt, dass die Ausländer für die Differenz sorgen, aber in der Nati haben wir zum Glück keine Ausländer, da sind es stattdessen wohl unsere NHL-Spieler.

Aber ich wünsche mir, dass wir auch in der Offensive stärker durch unsere Schweizer getragen werden.

Wir haben nicht so viele NHL-Spieler wie andere Top-Nationen, was heisst, dass unsere Schweizer Spieler auf dieses Niveau kommen und bereit sein müssen, die Verantwortung im Abschluss zu übernehmen. Ich bin überzeugt, dass dies möglich ist.»

… die Bereitschaft der Spieler, am Ende einer langen Saison die WM zu bestreiten

«Es ist bemerkenswert, und dies nicht nur bei den NHL-Spielern, jetzt gerade beispielsweise auch bei Grégory Hofmann, der Vater wurde. Wenn alles stimmt, vor allem auch die Gesundheit, sind sie dabei, keine Frage.

Aber klar, es gibt zwei Punkte, die uns helfen. Einerseits wissen alle, dass man eine Medaille gewinnen, vielleicht gar den Coup schaffen kann, da wollen alle dabei sein. Andererseits stehen 2026 mit Olympia und der Heim-WM zwei riesige Highlights an.

Und da kennen alle die Regeln: Entweder man ist dabei oder nicht, «Cherry Picking» gibt es nicht. Aber ich denke, es ist kein Müssen, es ist enorm viel Spass dabei. In drei Wochen WM kann man emotional sehr viel erleben.

Ich habe es auch geliebt als Spieler, obwohl wir gegen den Abstieg spielten. Eine WM ist einfach speziell.»

… den Respekt vor den Erwartungen

«Wir haben uns selber in diese Situation manövriert. Es hat mich zweimal fast den Kopf gekostet, als wir schwierige Baissen durchmachten, als es uns nicht gelang zu performen.

Da gab es logischerweise viel Kritik. Ich denke, die Leute wissen aber, dass wir mit grossen Ambitionen an ein Turnier reisen und mit der zur Verfügung stehenden Mannschaft das Maximum rausholen wollen.

Wir wollen ab Tag eins der WM bereit sein, gutes Eishockey zeigen und über eine positive Gruppenphase Selbstvertrauen für die K.-o.-Spiele sammeln. Wenn uns das gelingt und wir frei im Kopf sind, ist vieles möglich.»

… die Viertelfinal-Qualifikation

«Ein Selbstläufer ist das nicht. 2016 legten wir mit dem damaligen Verbandspräsidenten Michael Rindlisbacher eine neue Vision fest. Wir waren in den Top 8, erreichten zuvor ungefähr zu 50 Prozent die Viertelfinals.

Unsere neue Ambition war es, in die Top 6 zu kommen. Wir fragten uns, was es dazu braucht und sahen: Man muss immer in den Viertelfinals sein und es ungefähr jedes dritte Jahr in die Halbfinals schaffen.

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Patrick Fischer erreichte mit der Schweizer Nati 2018 und 2024 das WM-Final und wurde jeweils Vize-Weltmeister. - keystone

2019 und 2021 scheiterten wir im Viertelfinal nur ganz knapp, so haben wir die ses Ziel nicht ganz erreicht. Aber wir standen seither zweimal im Final. Nun belegen wir in der Weltrangliste Position 5 und wollen dies auch zementieren.

Eine Medaille ist immer unglaublich, alles andere gilt als selbstverständlich und wird auch gefeiert, doch wir haben natürlich auch den grossen Wurf im Kopf.

... die in einem Jahr stattfindende Heim-WM

«Es wäre gelogen zu bestreiten, dass sie im Hinterkopf präsent ist. Die Vorfreude ist riesig. Wir haben uns in diesem Jahr bei der Selektion bewusst entschieden, auch vorwärts zu schauen.

Wenn wir das Gefühl haben, dass jemand nahe, aber noch nicht ganz bereit ist und wir denken, in einem Jahr könnte der fehlende Schritt gemacht sein, nehmen wir solche Spieler mit.

Es ist einfacher, eine zweite WM zu spielen, eine erste WM gleich daheim ist wohl schwieriger. Darauf achten wir, wir denken also ein wenig an 2026. Aber klar, der Fokus bleibt auf dem Hier und Jetzt, wir wollen auch in diesem Jahr eine erfolgreiche Zeit erleben.»

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