Gewinnt der HC Davos den Spengler Cup?

Slapshot
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Am 13.12.2023 - 14:24

In dieser Ausgabe von «Pro und Contra» geben Nicola Berger und Michael Krein Antwort auf die Frage, ob der HC Davos den Spengler-Cup gewinnt.

Spengler Cup
Der Spengler Cup in Davos wird 2020 nicht ausgetragen. - Nau

Ja

Von Nicola Berger, SLAPSHOT-Autor und NZZ-Redaktor

Selbstverständlich. Der Rekordmeister mag zuletzt eine sportliche Dürreperiode erlebt haben (nur zwei gewonnene Playoff-Serien seit 2017, der letzte Spengler Cup-Triumph datiert von 2011), aber er ist ohne jede Frage gut genug besetzt, um das Heimturnier zu gewinnen.

Wenn KalPa Kuopio (2018) und Ambrì-Piotta (2022) den Spengler Cup gewinnen können, dann kann der HCD das auch. Darüber gibt es eigentlich keine zwei Meinungen.

Immerhin stellt er mehrere Schweizer Nationalspieler (Sandro Aeschlimann, Dominik Egli, Michael Fora, Andres Ambühl sowie Enzo Corvi) und kann daneben mit Matej Stransky auf einen der kühlsten Vollstrecker Europas zählen. Die Verstärkungsspieler (2022 waren es Aleksi Saarela, Marc Michaelis und Andrew Rowe) können sich in der Regel ebenfalls sehen lassen.

HCD Pokal
Es wäre nicht der erste HCD-Triumph im Spengler Cup. - swiss-image.com / Photo by Nadja Simmen

Der stolze HCD leidet seit dem Ende der Ära von Arno Del Curto (er verabschiedete sich im November 2018) ja vor allem darunter, dass sich die wirtschaftlichen Begebenheiten in der Liga zu seinen Ungunsten verschoben haben.

Davos war über Jahre eines der finanzstärksten Teams der Liga – nicht zuletzt dank den üppigen Spengler Cup-Einnahmen. Doch längst ist der Klub von vermögenden Vereinen aus dem Unterland ein- und/oder überholt worden. Gleich geblieben sind eigentlich nur die Ambitionen.

Aus dem im Januar 2023 entlassenen Christian Wohlwend mag Frust, Zynismus und ein Gefühl der Verletztheit gesprochen haben, als er im Herbst nach einem Sieg seines neuen Arbeitgebers Ajoie über den HCD sagte, sein Ex-Klub müsse Meister werden, das sei doch völlig unstrittig. Aber der Klub hat den Nährboden für solche Polemik selbst geschafft, als er der Saison 2023/24 das Motto «Mission 32» überstülpte; der 32. Meistertitel der Klubgeschichte soll her.

Es würde überraschen, sollte der HCD in seiner aktuellen Verfassung die Titelfavoriten aus Zürich, Zug und Genf düpieren können, jedenfalls über die Länge einer ganzen Playoff-Serie.

Aber ein Spengler Cup-Triumph ist denkbar – nach Jahren der Durststrecke wäre das ein erstes wichtiges, kräftiges Signal. Und es würde bei der Legitimation für die Selektion des Trainers Josh Holden helfen.

HC Davos
Sorgt der HC Davos unter Josh Holden bald für positivere Emotionen als letzthin? - Instagram/hcd_official

Der Anstellung Holdens wurde im HCD-Umfeld ja durchaus auch mit Skepsis begegnet; ein Exploit am Spengler Cup, der für die Gunst der wichtigsten, solventesten HCD-Geldgeber traditionell von hoher Bedeutung ist, käme da gelegen.

Und es sollte für die Davoser auch eine hohe Priorität haben, sich mit dem Publikum zu versöhnen: Der desolate Auftritt von 2019 (im letzten Gruppenspiel gegen Kanada schonte der HCD die halbe Mannschaft… und verlor tags darauf das Halbfinal-Qualifikationsspiel gegen Turku dennoch) ist noch nicht gesühnt worden; vom Auftritt von 2022 blieben vorab die Kanterniederlagen gegen Sparta Prag (2:9) und Ambrì (0:5) im Gedächtnis hängen.

Es ist an der Zeit, dass der HCD für positivere Erlebnisse sorgt.

Nein

Von Michael Krein, SLAPSHOT-Autor, Blogger und MySports-Kommentator

Wenn ein Turnier sein 100-jähriges Jubiläum feiert, dann haben die Verantwortlichen über Jahrzehnte und mehrere Generationen alles richtig gemacht. Das Turnier in der Altjahrswoche ist das bekannteste Freundschaftsturnier der Welt, und es ist heute, wie vor 100 Jahren, von enormer Wichtigkeit.

Stifter des ersten Turnierpokals war der Deutsche Dr. Carl Spengler, mit der Idee, aus dem Ersten Weltkrieg verfeindete Nationen wieder zusammenzuführen. Vertreter aus den aktuellen Kriegsregionen sind zwar nicht dabei, dennoch sollte man den Grundgedanken des Turniers über die Festtage nicht vergessen.

Der Spengler Cup ist in Kombination mit dem HC Davos und dem Schweizer Eishockey nicht mehr wegzudenken, er konnte in 100 Jahren nur fünfmal nicht durchgeführt werden. So manches Weihnachtsfest wurde im vergangenen Jahrhundert am Stephanstag vor den TV verlegt oder zumindest wurde das Weihnachtsessen zwischen die Spiele des Starttages geplant.

Der HCD und der Spengler Cup verkörpern eine hundertjährige Erfolgsgeschichte, dies ist jedoch sportlich für die Bündner keine Garantie für den Erfolg.

HC Davos
Wird der HCD sogar Spengler Cup und Meisterschaft gewinnen? - PostFinance/KEYSTONE/Peter Klaunzer

In 99 Jahren eroberten die Bündner den Pokal 15 Mal. Bei zehn von 15 Spengler Cup-Siegen gewannen die Davoser in der Folge auch den Schweizermeistertitel. Gewinnt der HCD den Spengler Cup, stehen die Chancen auf einen Schweizermeistertitel bei 66,6 Prozent.

Die jüngste Vergangenheit zeigt jedoch eine andere Bilanz.

Titelverteidiger HC Ambrì-Piotta verpasste im letzten Frühjahr als frischgebackener Spengler Cup-Sieger gar die Playoffs. Der zweitletzte-Sieger, KalPa Kuopio, verpasste als Spengler Cup- Triumphator die Playoffs in Finnland ebenfalls.

Der letzte Doppelerfolg, ein Gewinn des Spengler Cup und der heimischen Meisterschaft, liegt schon 17 Jahre zurück. 2006 siegte der HCD an Silvester 2006 in Davos und am 9. April 2007 nochmals in Davos.

Den Spengler Cup in Relation zu setzen mit dem Gewinn der eigenen Meisterschaft ist zwar nicht zwingend, dennoch ein wichtiger Aspekt. Rein sportlich ist der Gewinn des Spengler Cup nur ein «nice-to-have», verlangt aber den Spielern alles ab, während sich die Gegnerschaft der Meisterschaft erholen kann.

Dies verspricht auch das diesjährige Teilnehmerfeld. Neben Team Canada, mit welchem immer als Titelanwärter zu rechnen ist, ist Frölunda Göteborg der hochkarätigste Teilnehmer.

Frölunda Göteborg
Frölunda Göteborg gehört zu den Titelanwärtern im diesjährigen Spengler Cup. - dpa-infocom GmbH

Die Südschweden gewannen seit 2016 viermal die Champions-Hockey- League und nebenbei zweimal die heimische Meisterschaft. Frölunda ist zudem der erfolgreichste und wichtigste Talentlieferant der NHL, 94 Spieler aus Göteborg fanden schon den Weg in den Draft. In der SHL liegt das Team von Erfolgstrainer Roger Rönnberg, er stand bei allen Titeln seit 2016 an der Bande, im Mittelfeld.

Da der sportliche Fokus nicht dem Spengler Cup gilt, sondern dem Meistertitel im eigenen Land, wird auch der HC Davos an seinem Heimturnier nicht mit letzter Konsequenz bis ans Limit gehen.

Und weil es weder sportlich noch wirtschaftlich notwendig ist, gewinnt der HCD sein Heimturnier nicht. Für Underdogs, wie Ambrì oder Kuopio jedoch, ist ein Gewinn des bekanntesten Freundschaftsturniers das höchste aller Gefühle.

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