97. Spengler Cup: Sandro Schmid – Zwischen Zweifel und Dominanz

Frank Stettler
Frank Stettler

Sandro Schmid hat sich bei Gottéron zum absoluten Führungsspieler entwickelt. Dahinter stecke viel Arbeit, sagt das Freiburger Eigengewächs im Interview.

Sandro Schmid SLAPSHOT
Sandro Schmid hat sich bei Gottéron zum absoluten Führungsspieler entwickelt. - PostFinance / Til Buergy

In den letzten Monaten stiess Sandro Schmid in neue Dimensionen vor. Der Murtner entwickelte sich zu einem dominanten Stürmer der National League.

Vielseitigkeit, Spielintelligenz, Intensität und defensive Zuverlässigkeit – das komplette Paket machte den 25-Jährigen zu einem der begehrtesten Spieler auf dem Transfermarkt.

Am Ende entschied sich der zum Franchise-Player aufgestiegene Schmid, seinem Stammklub treu zu bleiben und bis 2030 zu verlängern.

Mit «SLAPSHOT» sprach der potenzielle künftige Gottéron-Captain über Wertschätzung, Zweifel und Ziele.

SLAPSHOT: Sandro Schmid, auf den stets ausverkauften Zuschauerrängen der BCF-Arena sieht man immer mehr Trikots mit Ihrer Nummer 73. Was bedeutet das für Sie?

Sandro Schmid: Ich bekomme das ehrlich gesagt gar nicht mit. Aber es freut mich natürlich umso mehr, wenn das so ist.

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Seit 2019 spielt Sandro Schmid bei Fribourg-Gottéron. - PostFinance / Til Buergy

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich meinen Vertrag verlängert habe und die Leute nun Trikots kaufen, weil sie wissen, dass ich bleibe. (lacht). Es macht mich glücklich, wenn ich den Fans Freude bereiten kann.

SLAPSHOT: So ein Trikotkauf ist ein Zeichen der Wertschätzung. Spielte das bei Ihrer Entscheidungsfindung eine grosse Rolle?

Schmid: Am Ende habe ich meine Situation objektiv angeschaut. Wenn du dich nur von den Gefühlen und Emotionen leiten lässt, wird es schwierig. Ich stellte die Fakten vor das Empfinden. Aber klar, diese Wertschätzung zu spüren, ist ein grosses Plus.

SLAPSHOT: Sie nahmen sich viel Zeit, ehe Sie Ihren Vertrag mit Gottéron verlängert haben. Wie sehr hat Sie die Zukunftsplanung beschäftigt?

Schmid: Ich habe versucht, mir dann Gedanken zu machen, wenn die Zeit dazu da war und es die Situation erlaubte. Es gab auch Tage, da habe ich das Thema beiseitegelassen. Manchmal tut es gut, eine Nacht darüber zu schlafen.

Je nachdem, wie viele Gespräche in der Woche anstanden, habe ich mehr darüber nachgedacht. Eine grosse Belastung war die Situation für mich aber nie.

SLAPSHOT: Zumal Sie in einer komfortablen Situation waren: Die halbe Liga war hinter Ihnen her, Sie hatten die Qual der Wahl.

Schmid: Ich bin mir bewusst, dass ich in einer privilegierten Lage war. Es gibt Spieler, die um einen neuen Vertrag kämpfen müssen.

Sandro Schmid
PostFinance Top Scorer Sandro Schmid (l.) kämpft mit Fabio Hofer (EHC Bern) um den Puck. - Postfinance / KEYSTONE / Alessandro della Valle

Ich währenddessen hatte sogar fast zu viel Auswahl, was für Unsicherheit sorgen kann. Jetzt aber bin ich mit meiner Entscheidung sehr zufrieden.

SLAPSHOT: Ihr Agent Daniel Giger, Familie, Freunde – wer berät Sie in Vertragsfragen?

Schmid: Es gibt viele Leute, die mich unterstützen. Natürlich meine Eltern und mein Bruder, die eine sehr grosse Hilfe sind und mir den Rücken stärken, egal wo ich spiele. Das macht es einfacher, hinter der Entscheidung zu stehen.

Auch mit den Kollegen spreche ich immer wieder darüber, und mein Agent gibt seine Inputs. Den Entschluss fasse letztlich aber ich.

SLAPSHOT: Mit dem Stellenwert sind zugleich die Erwartungen an Sie gestiegen. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?

Schmid: Der Vorteil ist, dass ich mir selbst wahrscheinlich am meisten Druck auferlege. Da kann von aussen noch so viel kommen, die Erwartungen an mich selbst sind immer höher.

Sandro Schmid
Top Scorer Sandro Schmid versucht Torhüter Ewan Huet vom EHC Kloten in einem Meisterschaftsspiel zu überwinden. - KEYSTONE/Peter Klaunzer

Ich weiss, dass ich noch besser werden will und es auch kann. Das pusht mich. Ich habe meine Ziele. Druck war noch nie ein Problem.

SLAPSHOT: Und doch erwecken Sie den Eindruck, dass Sie viel grübeln…

Schmid: Mir wird oft gesagt, dass ich so selbstsicher wirke, und junge Spieler fragen mich oft, wie ich das mache, dass ich so viel Selbstvertrauen habe. Aber das war harte Arbeit. Ich kam auch jung in die Liga und stellte mir die Frage, ob es reichen würde und ob ich gut genug bin.

Mit der Zeit lernst du, damit umzugehen. Zweifel sind aber immer vorhanden, sie lassen sich nie völlig auslöschen. Es steckt Arbeit dahinter, Wege zu finden, um diese Zweifel zu kanalisieren.

Dank der Familie und dem Umfeld kann ich ziemlich gut loslassen und hadere nicht, wenn ich mal drei Partien schlecht spiele – obwohl ich nicht mit dem grössten Selbstvertrauen ausgestattet bin.

SLAPSHOT: Was hilft Ihnen, um neben dem Eishockey abzuschalten?

Schmid: Ich bin an der Berufsmatura, das erlaubt mir, auch mal an anderes zu denken. Im Sommer spiele ich gerne Tennis, dabei kann ich auch sehr gut vergessen. Und ich verbringe viel Zeit mit der Familie und Freunden, dabei kann ich mich am besten erholen.

SLAPSHOT: Möglichkeit zur Erholung bietet eigentlich die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, wenn die Meisterschaft ruht.

Wie vor Jahresfrist steht für Sie und Gottéron dann aber wieder der Spengler Cup auf dem Programm. Damals waren Sie verletzt und mussten zuschauen. Wie gross ist die Vorfreude auf Davos?

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Bekommt Sandro Schmid von Nati Head Coach Patrick Fischer ein Ticket zu den Olymischen Spielen und zur Heim-WM? - International Ice Hockey Federation

Schmid: Sehr gross. Letztes Jahr durfte ich dabei sein, aber eben nur auf der Tribüne. Jetzt freue ich mich sehr, auf dem Eis stehen zu können. Ich würde nicht Nein dazu sagen, wenn wir das Turnier nochmals gewinnen könnten.

SLAPSHOT: Sie sagen es, letztes Jahr konnte Gottéron seinen ersten Pokal gewinnen. Das macht Lust auf mehr, nehme ich an.

Schmid: Zu 100 Prozent. Wie ich auch, haben wir als Team grosse Ziele. Sicher wollen wir in den nächsten Jahren den Meistertitel nach Freiburg holen – und heuer wieder den Spengler Cup gewinnen.

SLAPSHOT: Nahe dran waren Sie im Frühling auch mit der Nationalmannschaft, als Sie WM-Silber holten. Wie beurteilen Sie Ihre Stellung im Team von Patrick Fischer?

Schmid: Es gibt so viele Spieler, die dir den Platz streitig machen können. Da musst du stets konstant gut spielen. Ich will mich nicht ausruhen und arbeite hart weiter, um Fortschritte zu erzielen.

Bleibst du stehen, reicht es nicht mehr für die Nati. Ich will mich insofern etablieren, als dass ich für die grossen Turniere immer infrage komme und der Coach weiss, dass er auf mich zählen kann. Darauf lege ich viel Wert.

SLAPSHOT: Grosse Turniere stehen gleich zwei vor der Türe, zuerst Olympia, dann die Heim-WM. Aufgrund der NHL-Spieler, die zur Verfügung stehen werden, sind gerade die wenig verbleibenden Plätze für die olympischen Spiele heiss begehrt…

Schmid: Ich habe eine gute WM gespielt und bin stark in die Saison gestartet. Ich weiss, dass es noch besser geht. Patrick Fischer weiss, was er an mir hat.

Sandro Schmid
Sandro Schmid bleibt bis 2030 in Gottéron. - PostFinance/KEYSTONE/Til Buergy

Mein Vorteil ist, dass ich polyvalent einsetzbar bin. Es wäre falsch zu denken, dass ich keine Chance habe. Im Gegenteil, ich will meine Chance packen.

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