Philippe Maillet: Ein Skorer mit viel Feuer
Trotz Gehirnerschütterung im zweiten Match für Ambrì-Piotta hat der Kanadier Philippe Maillet gezeigt, dass er ein wichtiger Spieler sein kann.
Der Einstand verlief sehr gut. Im ersten Saisonspiel gegen die Lakers erzielte Maillet in der 28. Minute den 1:2 Anschlusstreffer für sein Team, am Ende gewannen aber die St. Galler in der Overtime. Drei Tage später forderten die Leventiner in der Swiss Life Arena Meister ZSC Lions, schafften es erneut in die Overtime, verloren ebenfalls den Match – und auch den Kanadier Maillet, der wegen einer Gehirnerschütterung vorzeitig Feierabend machen und danach pausieren musste.
Dennoch hat Philippe Maillet angedeutet, dass er ein Eckpfeiler bei den Tessinern sein kann, die in den letzten 18 Jahren lediglich zweimal die Playoffs erreicht haben und nun einen neuen Anlauf nehmen. «Er ist sehr stark und kann das Spiel sehr gut lesen, ist auf dem Eis geduldig und körperlich stark wie ein Stier», sagt Sportchef Paolo Duca über den Kanadier, den er als kompletten Spieler mit offensiven und defensiven Qualitäten sieht und der am Ende mit seinem Gesamtpaket überzeugte.
Dazu gehören Faktoren auf und neben dem Eis, wie Sportchef Duca erklärt. Es sei wichtig, dass Maillet als Vorzeigespieler jeden Tag mit gutem Beispiel vorangeht, für die vielen jungen Spieler ein Vorbild ist, das sie beobachten. «Und auch auf dem Eis brauchen wir ihn als Führungsspieler, als Chef seiner Linie.»
0,8 Punkte pro KHL-Spiel
Natürlich sind auch Tore und Assists gefragt. Dass er diese massenhaft erzielen kann, hat der 31-jährige Stürmer in der Vergangenheit regelmässig bewiesen. Ob bei den Junioren, in der AHL oder der KHL – seine Statistiken waren beeindruckend.
Gerade auch in der KHL, wo er zwischen 2021 und 2023 für Metallurg Magnitogorsk spielte und in insgesamt 147 Spielen im Durchschnitt pro Match mehr als 0,8 Skorerpunkte erzielte. Oder in der letzten Saison, als er in der AHL für Laval in 67 Spielen auf 21 Tore und 32 Assists kam. Haben die Tessiner also eine Skoring-Maschine verpflichtet?
«Ja, ich denke, das war der Grund, weshalb sie mich haben wollten», erklärt Maillet schmunzelnd. «Ich setze mir selbst viel Druck auf, die Fans machen Druck auf mich – das ist in Ordnung, denn ich bin hart zu mir selbst, will dem Team helfen zu gewinnen, was auch heisst, dass ich viel offensiv produzieren muss.»
Philippe Maillet hat wie so viele Kanadier in jungen Jahren mit dem Eishockey begonnen, dies vor allem auch zum Plausch und mit Kollegen, als sein Vater ein Eisfeld baute. Der Weg ging weiter, nur der Draft blieb trotz guter Statistiken aus.
Der Grund? Das sei eine gute Frage, er habe gute Saisons und auch in seinem Draftjahr gute Statistiken gehabt, sei aber dennoch bei der grossen Anzahl sehr talentierter Spieler nicht gewählt worden. «Das bedeutete mir aber nichts, ich spielte mein Spiel und brauchte lange bis in die NHL, wo ich zwei Spiele für die Washington Capitals bestreiten konnte», erklärt Maillet, um dann anzufügen: «Aber alle diese Widrigkeiten machten mich zum Spieler, der ich nun bin.»
Statt in der NHL versuchte sich Maillet wie erwähnt während zwei Jahren in der KHL bei Magnitogorsk. Und dies mit Erfolg. «Die Erinnerungen sind gut, in meiner ersten Saison erreichten wir den Final, verpassten aber den Titel nach einer Niederlage im siebten Spiel gegen SKA St. Petersburg.
Ich spielte für ein wirklich gutes Team in Magnitogorsk, wir hatten zwei grossartige Saisons. Es war natürlich ein Kulturwechsel für mich, aber auch wirklich gutes Eishockey», so Maillet. Mit seinen wie erwähnt beeindruckenden Statistiken zog er Interesse auf sich, erhielt von den Montréal Canadiens einen Zwei-Weg-Vertrag, schaffte aber den Sprung zurück in die NHL nicht, blieb die ganze Saison in der AHL bei Laval.
Was war der Grund? «Das ist schwierig zu sagen, ich wollte immer ein Goalskorer, ein Offensivspieler sein, gleichzeitig war Montréal daran, das Team umzubauen», erklärt der Stürmer. So bekamen tendenziell jüngere Spieler eine Chance, wurden in die NHL berufen, der Name «Maillet» wurde bei den Call-ups dagegen nie erwähnt.
Der NHL-Traum lebt weiter
So ist es wahrscheinlich, dass seine NHL-Karriere bei zwei Einsätzen geendet hat, wobei der 31-Jährige sagt: «Der NHL-Traum ist nicht vorbei bis zu dem Tag, an dem ich meine Schlittschuhe an den Nagel hänge», sagt Maillet. Der Wechsel zu Ambrì sei eher ein Familienentscheid gewesen, um gutes Eishockey in einer guten Liga zu spielen, mit der Möglichkeit, nahe bei der Familie zu sein und ohne lange Roadtrips absolvieren zu müssen.
Philippe Maillet hat sich in der Leventina bestens eingelebt, spricht von einer tollen Region und einem grossartigen Team, in dem er sich wohl fühlt. Ich hatte lange und tolle Gespräche mit Paolo Duca, und er erklärte mir meine Rolle und Aufgabe im Team. Er vereinfachte mir so den Entscheid für Ambrì», so Maillet.
Zeit für die Familie, aber kein Dolcefarniente
Wobei dieser Entscheid beruflich und privat verständlich ist. Maillet lebt mit seiner Verlobten und seinem drei Monate alten Sohn in Bellinzona und geniesst dieses Familienleben, die Möglichkeit, viel Zeit zusammen zu verbringen, Ausflüge zu unternehmen, die Region zu erkunden. Unter dem Motto «Dolcefarniente» steht die Zeit in der Schweiz aber definitiv nicht.
Der Kanadier will die Playoffs erreichen, spricht von einem sehr guten Team, starken Ausländern, einer guten Mischung aus älteren, routinierten Spielern und jungen Talenten. Gleichzeitig hofft er, mit Team Canada den Spengler Cup bestreiten zu können. «Es ist eine grosse Ehre und ein einzigartiges Gefühl, sein Heimatland repräsentieren zu dürfen», sagt Maillet, der während seines Engagements in Magnitogorsk am Channel One Cup in Moskau zu drei Länderspielen kam.
Doch das sind Zukunftsgedanken. Aktuell liegt der Fokus auf der National League, auf Ambrì und auf dem Comeback nach der Gehirnerschütterung. So dass Maillet seine Qualitäten einbringen kann. «Er ist eine sehr ruhige Person, einfach, er hat sich bei uns schnell und leicht an viele Dinge gewöhnt.
Ein Zeichen ist auch, dass er in Russland unter nicht immer einfachen Umständen gespielt hat und stets mit guten Leistungen überzeugen konnte», sagt Ambrì-Sportchef Paolo Duca. Verbessern könne er sich im Verlaufe der Saison im Transition Game, das in der Schweiz sehr schnell sei. Helfen soll dem Kanadier bei dieser Entwicklung seine Spielintelligenz, die er selber als als eine seiner Stärken nennt.
«Ich kann das Spiel verlangsamen, um Raum für meine Kollegen zu schaffen und meinen Flügeln die Arbeit zu erleichtern», sagt der Center. «Ich versuche, sie besser zu machen und in Positionen zu bringen, wo sie auch Tore erzielen können.» Er liebe es, mit viel Feuer zu spielen, sei sehr emotional, übernehme gerne eine Führungsrolle im Team.
Wenn Philippe Maillet den Worten Taten folgen lassen kann, wird es dem HC Ambrì-Piotta helfen, den Sprung in die Playoffs zu schaffen. Oder wie Sportchef Duca sagt: «Ich erwarte von ihm, dass er in den wichtigsten Momenten des Spiels ein entscheidender Faktor ist, ein Leader und kompletter Spieler.»
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Philippe Maillet
Geboren: 7. November 1992. Grösse: 178 cm. Gewicht: 84 kg. Vertrag: bis 2025.
Stationen: Bis 2016: Klubs im Nachwuchs- und Universitätshockey. 2016 bis 2019: Ontario Reign (AHL). 2019/20: Hershey Bears (AHL). 2020/21: Washington Capitals (NHL), Hershey Bears (AHL). 2021 bis 2023: Metallurg Magnitogorsk (KHL). 2023/24: Laval Rocket (AHL). Seit 2024: HC Ambrì-Piotta.
Erfolge: CIS University Cup Champion 2016 und 2017 sowie diverse persönliche Auszeichnungen (Player of the Year, MVP, etc.)