Von Gunten: «Der 15. Mai macht nicht nervös, bleibt aber Ziel»
Am 15. Mai 2026 startet die Eishockey-WM in Zürich und Fribourg. SLAPSHOT spricht mit Ex-Nati-Verteidiger und Organisationskomitee-Mitglied Patrick von Gunten.

SLAPSHOT: Head of Venue Zurich & Head of Sports bei der WM 2026: Was verbirgt sich hinter Ihrem Titel?
Patrick von Gunten: Es ist eine Doppelfunktion und bedeutet, dass ich für den Standort Zürich verantwortlich bin. Wir sprechen da von der Koordination im Vorfeld, von Bereichen wie Marketing, Logistik, Events.
Da befinde ich mich in Kontakt mit dem Klub, dem Stadion, aber auch mit den Behörden. Es ist ein breites Aufgabengebiet. Bei vielen Dingen mache ich die grobe Planung, ehe in den kommenden Monaten die betreffenden Ressortleiter übernehmen.

Wir schauen beispielsweise, wo das Volunteers Center sein soll, die genaue Planung übernehmen dann aber die Mitglieder dieses Ressorts.
SLAPSHOT: Und was heisst Sportchef in Zusammenhang mit dem Turnier?
Von Gunten: Da bin ich an beiden Standorten verantwortlich. In der Gruppeneinteilung kann man als Organisator zwei Mannschaften tauschen, nachdem dass die Gruppen gesetzt waren. Wir haben dies mit den USA und Kanada gemacht.
Danach haben wir den Spielplan erstellt, der auch von der IIHF und den Teams akzeptiert werden musste. Wir hatten am Morgen nach dem WM-Final das erste Spielplan-Meeting, bei dem wir den Spielplan bereits grösstenteils präsentieren konnten.

Es war ein spannender Prozess, der auch viele Gespräche mit dem Schweizer Verband beinhaltete, der als Gastgeber ein gewisses Mitspracherecht hat. Dazu kommen auch die Wünsche des Fernsehens.
Die Interessen gehen da teilweise diametral auseinander. Die Teams haben Spiele um 20:20 Uhr nicht sehr gerne, für das Fernsehen ist es dagegen die beste Sendezeit. Aber schlussendlich haben wir einen sehr guten Weg gefunden.
SLAPSHOT: Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?
Von Gunten: In den Jahren 2023 und 2024 hatten wir die U18-Weltmeisterschaften der Männer und der Frauen in der Schweiz.
Ich habe mich jeweils um den Sport gekümmert und lernte Christian Hofstetter kennen, der nun Generalsekretär der 2026 IIHF WM ist. So gesehen war es wie ein Warm-up für die diese WM, in die ich dann quasi reingerutscht bin.
SLAPSHOT: Sie haben 2018 mitten in der Saison wegen Hüft- und Rückenproblemen als Spieler aufgehört. Haben Sie sofort mit der Karriere nach der Karriere begonnen?
Von Gunten: Ich habe relativ schnell den Tritt gefunden, habe angefangen zu arbeiten und begann in Magglingen mit dem Sportmanagement-Masterstudium, nachdem ich zuvor Wirtschaft studiert hatte.

Der Übergang ist so gut verlaufen, wichtig ist wohl, dass man etwas hat, eine Aufgabe. Egal, ob das dann auch etwas Langfristiges ist oder nicht.
SLAPSHOT: Wie geht es Ihnen heute gesundheitlich?
Von Gunten: Grundsätzlich gut. Ich habe eine neue Hüfte, es ist besser als vorher. Den Rücken muss man halt immer pflegen, da gibt es bessere und schlechtere Phasen. Aber ich kann mit den Kindern aufs Eis und auch Ski fahren.
SLAPSHOT: Was waren Ihre verschiedenen Stationen auf dem neuen beruflichen Weg?
Von Gunten: Ich habe bei ProKeyCoach gearbeitet, der Firma von Benoît Pont, danach absolvierte ich ein Praktikum bei der wegen Corona abgesagten 2020 IIHF WM und kümmerte mich dort um die Volunteers.

Es folgte ein halbes Jahr bei der Winteruniversiade 2021, ehe diese ebenfalls abgesagt wurde. Danach wollte ich mal weg aus dem Sport und arbeitete drei Jahre bei der Consulting-Firma Accenture in einem Projekt bei einer Privatbank.
Weil meine Kinder Eishockey spielen und durch die U18-Weltmeisterschaften war ich jedoch nicht ganz weg vom Hockey. Wichtig war mir, dass die Arbeit projektbasiert war, dass ich meine Ziele hatte.
SLAPSHOT: Die 2026 IIHF WM ist nun auch ein Projekt.
Von Gunten: Ja, wir wissen: Am 15. Mai um 16:20 Uhr geht es los. Der 15. Mai sorgt nicht für Nervosität, ist aber ein klares Ziel, und darauf arbeiten wir hin. Wir haben noch viel zu tun, aber wir sind auf gutem Weg.
Die Weihnachtspause wird dann ein mentaler Break, bevor das Jahr 2026 beginnt und alles viel näher kommt. Während Olympia wird es dann vielleicht auch nochmals etwas ruhiger, danach beginnt der Schlussspurt.

Der wird so oder so intensiv, egal, wie gut man vorbereitet ist. Doch darauf freuen wir uns auch.
SLAPSHOT: Im Dezember finden in Zürich die Swiss Ice Hockey Games statt. Ist das quasi die WM-Hauptprobe?
Von Gunten: Nein, dieses Turnier hat eigentlich nichts mit uns zu tun, man muss das klar trennen. Wir organisieren eine Weltmeisterschaft, bei der die Schweiz eine von 16 Nationen ist und als Heimnation gewisse Vorteile geniesst.
Aber in der Organisation sind wir eigenständig. Die Anforderungen an die Infrastruktur sind komplett unterschiedlich.
SLAPSHOT: Werden also weder gewisse Dinge getestet, noch Erfahrungswerte gesammelt?
Von Gunten: Die Leute vom ZSC, die auch bei uns involviert sind, kommen natürlich schon zu Erfahrungen, aber sie sind da sicher sowieso schon weiter als Mitarbeitende in einer Multifunktionshalle wie an der letzten WM in Herning.

In Zürich und in Fribourg kommen diese Personen aus dem Hockey, das ist sehr wertvoll.
SLAPSHOT: Was sind im Hinblick auf die WM die grössten Herausforderungen?
Von Gunten: In Zürich ist es sicher der Platz, vor allem rund um die Swiss Life Arena. Wir sind eingepfercht zwischen SBB, Autobahn, Familiengärten und Industrie.
Aber wir brauchen Platz, zum Beispiel für die Fans, haben aber auch massiv mehr Logistik als sonst während der Saison. Hier in Zürich ist man es sich gewohnt, 10 000 Leute zu bedienen, an der WM kommen sie aber am selben Tag noch ein zweites und ein drittes Mal.
Darauf müssen wir uns nun vorbereiten, ebenso auf die Zuschauerführung vor, nach und zwischen den Spielen.
SLAPSHOT: Befinden Sie sich in engem Austausch mit den ZSC Lions
Von Gunten: Ich bin sicher zwei- bis dreimal pro Woche in der Swiss Life Arena. Im Gegensatz zu vielen anderen Stadien, die jeweils der Stadt gehören, sind die Lions Besitzer und Betreiber der Arena und somit stark in die Planung involviert, gerade auch betreffend Sicherheit.
SLAPSHOT: Aber eine Beziehung zum EHC Kloten haben Sie auch noch…
Von Gunten: Meine Kinder spielen in Kloten, und ich bin im Nachwuchs Vizepräsident. Victor Stancescu ist unser Präsident, Cyrill Bühler und Romano Lemm sind ebenso dabei. Wir helfen da, es ist eine coole Aufgabe.
SLAPSHOT: Sie haben als Spieler zwei Weltmeisterschaften bestritten und 2013 Silber geholt. Helfen Ihnen heute die damals gemachten Erfahrungen?
Von Gunten: Es ist weit weg, aber es hilft beispielsweise, wenn es um die Bedürfnisse der Spieler und der Teams geht. Es braucht viele Räume, für die Coaches, fürs Material, für die Physios, und eine grosse Garderobe für die Mannschaft.

Das kann neue Einteilungen oder auch das Einsetzen von temporären Wänden erfordern. Eine passende Einteilung kann man sich als ehemaliger Spieler wohl besser vorstellen.
SLAPSHOT: Mit diesen Anpassungen wird begonnen, wenn die Saison für die Lions vorbei ist.
Von Gunten: Wir planen natürlich mit dem Szenario, dass die Zürcher im siebten Spiel dabei sind, entweder daheim oder dass es dann in der Swiss Life Arena ein Public Viewing gibt.
Die Termine sind bereits jetzt auf die Stunde genau ausgerechnet, inklusive Meisterfeier, Eisreinigung, Aufbau des neuen Eises, Event, Einbau der TV-Studios, Bau der Medientribünen.

Da wir keine Stehplätze anbieten, müssen die vorhandenen Glasscheiben entfernt werden. Im oberen Bereich des Limmatblocks werden dann die TV-Studios stehen und so weiter – es werden viele bauliche Massnahmen erfolgen.
SLAPSHOT: Nach 2013 wurde die Schweiz auch 2018, 2024 und 2025 Vizeweltmeister. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Von Gunten: 2013 war es eine Überraschung, 2018 erneut. Aber mittlerweile ist es wie normal geworden, dass die Schweiz um die Medaillen spielt. Das Denken ist anders.
Patrick Fischer und Lars Weibel ist es auch gelungen, den Stellenwert der Nationalmannschaft bei den Spielern zu steigern. Bei allem, was sie gemacht haben, ist es wohl der grösste Verdienst, dass die Spieler immer zur Nati kommen.
Und natürlich haben wir aktuell auch Akteure auf Weltklasseniveau.
SLAPSHOT: Es herrscht eine Euphorie rund um die Nati, hilft diese auch der WM-Organisation?
Von Gunten: Wir gingen am Montag nach dem letzten WM-Final mit den Venue-Packages auf den Markt. Mit der Leistung an diesem Turnier hat uns die Mannschaft einen riesigen Gefallen gemacht.

Für die Schweizer Spiele mussten wir sowieso keine Werbung machen, aber auch in Fribourg ist der Ticketverkauf gut angelaufen, Mannschaften wie Kanada und Schweden sind für alle Zuschauer interessant.
SLAPSHOT: Die WM 2026 ist ein befristetes Projekt. Und dann?
Von Gunten: Ich bin da offen, sei es im Sport oder anderswo. Aber ja, grundsätzlich reizen mich der Sport mit all seinen Emotionen, aber auch generell event- und projektbasierte Jobs sehr.














