Kaukokari: «Die Spiele werden nicht für die Referees gespielt»
Der Finne Mikko Kaukokari (44) hat als Referee viel erlebt und bedeutende Spiele geleitet. Seit dieser Saison ist er Vertragsschiedsrichter in der Schweiz.

Am Anfang stand wie bei wohl allen Eishockeyschiedsrichtern eine Vergangenheit als Spieler. Kaukokari war in seiner Heimat einst gar sechs Jahre Profi, spielte fünf Saisons in der zweithöchsten finnischen Liga und eine in der Top-Liga für den damaligen Klub Espoo Blues, der heute als Kiekko-Espoo bekannt ist.
«Ich war ein Stürmer, normalerweise in der dritten oder vierten Linie, ein typischer, hart arbeitender Teamplayer», sagt Kaukokari über diese Zeit.

Nach seiner Spielerkarriere wollte er im Eishockey bleiben. Betreffend zeitlichem Aufwand passte das Schiedsrichterwesen besser als beispielsweise das Coaching – es war der Start einer neuen Karriere, die ihn 2009 in die höchste finnische Liga führte, wo er während 15 Saisons als Unparteiischer aktiv war.
Der Background als Spieler sei dabei wertvoll gewesen, sagt er, «das hilft bis zu einem bestimmten Niveau».
Individuelle Ziele stehen nicht im Vordergrund
Kaukokari hinterliess aber nicht nur Spuren in seiner Heimat, sondern auch auf internationalem Parkett. Er stand in Finals der Champions Hockey League im Einsatz, leitete Endspiele an Junioren-Weltmeisterschaften, war an Titelkämpfen der Profis aktiv und an den Olympischen Spielen 2022 in Peking.
Die Frage nach weiteren Zielen, einem Einsatz an einem Olympia-Final oder in der NHL beantwortet der Finne so: «Das ist aktuell zu weit weg. Für die NHL braucht man als europäischer Ref besondere Voraussetzungen, und ich denke, dieser Weg ist für mich nicht mehr realistisch.»

Individuelle Ziele stehen nicht im Vordergrund. Sein Fokus liege darauf, in guter Form zu bleiben, sich auf jedes einzelne Spiel zu konzentrieren, dem Eishockey bestmöglich zu dienen und einen Beitrag zum Schweizer Eishockey zu leisten.
«In der Schweiz ist es offener, man lässt die Spieler eher laufen und sie haben mehr Freiheiten. Das Schweizer Eishockey bietet eine gute Show und auch die Fankultur ist auf einem anderen Niveau als in Finnland», sagt Mikko Kaukokari.
Mikko Kaukokari lässt keine Zweifel offen, dass er sein persönliches Ego weit im Hintergrund lässt. Dies widerspiegelt sich auch, wenn er erklärt, was es in seinen Augen braucht, um ein guter Schiedsrichter zu sein.
Er sagt: «Ich habe viel darüber nachgedacht. Es braucht natürlich die verschiedenen Skills-Elemente. Wichtig ist aber zu verstehen, dass die Spiele nicht für die Referees gespielt werden, sondern dass die Schiedsrichter für die Spiele da sind. Wenn man dieses Mindset hat, hilft es in vielen Situationen und ermöglicht es, auf ein nächstes Niveau zu kommen.»
Ein Spiel vor 44'592 Zuschauern
Dem 44-Jährigen ist es ganz offensichtlich gelungen, diese Elemente einzusetzen, Schritt für Schritt weiterzukommen. Was der Höhepunkt auf diesem Weg war, sei schwierig zu sagen, da er schon sehr viel erlebt habe.
Er versuche, diese Reisen zu geniessen. «Wenn ich mich aber auf ein spezielles Spiel festlegen muss, nehme ich die U20-WM 2018 mit dem Spiel zwischen Kanada und den USA. Es war ein Outdoor-Game im NFL-Stadion.

Es waren 44'592 Zuschauer dabei, ich leitete das Spiel gemeinsam mit dem Schweizer Marc Wiegand. Auch das Wetter war speziell, es schneite, war sehr kalt und wir mussten das Eis zwei-, dreimal pro Drittel reinigen lassen. Es war so ein langes Spiel an einem speziellen Ort.»
Mit Wiegand hat sich der Weg nun wieder gekreuzt. Seit dieser Saison ist Kaukokari wie der Schweizer Vertragsschiedsrichter bei der Swiss Ice Hockey Federation, also Profi-Referee, nachdem er seit 2018 zwei- bis dreimal pro Saison in die Schweiz gekommen war, um als Austauschschiedsrichter ein paar Spiele zu leiten.
«Mein Vertrag in Finnland lief aus, und es war für mich nach 15 Saisons der passende Moment für eine Luftveränderung. Der Schweizer Eishockeyverband kannte mich, zeigte Interesse und am Ende gingen die verschiedenen Puzzleteile an die richtigen Orte. Und deshalb bin ich nun seit August hier», so Kaukokari.
Es war der richtige Entscheid für den Finnen, der alleine in die Schweiz gekommen ist, was den Umzug doch etwas vereinfacht habe, wie er sagt. «Die Schweiz ist ein schönes Land mit einer wunderbaren Natur – ich geniesse es, hier arbeiten zu können!»

Durchschnittlich etwa drei Spiele leitet Kaukokari pro Woche, dazu kommen Vorbereitungen, Trainings, Erholung («Man muss seinem Körper definitiv Sorge tragen!») – es ist ein Vollzeitjob, die Agenda entsprechend voll.
Er lebt im Zentrum der Schweiz, also verkehrstechnisch günstig, und habe das Glück, dass mit Stefan Hürlimann ein Berufskollege im selben Ort wohne und er mit ihm auch gemeinsam etwas unternehmen könne.
«Wichtig ist, in der Freizeit mental abzuschalten, die Natur zu geniessen und so bereit zu sein für das nächste Spiel», so Kaukokari, der dann mit einem Schmunzeln anfügt, dass auch gut essen dazugehöre, dass er auch schon Fondue und Raclette probiert und ihm beides geschmeckt habe, dass ihm aber auch die italienischen Vibes gut passen.
Es scheint klar: Mikko Kaukokari ist gekommen, um länger zu bleiben. Er hat in der Schweiz einen Mehrjahresvertrag unterschrieben und ist also nicht nur auf der Durchreise. Er ist damit ein Teil der grossen finnischen Community in unserem Land, schliesslich stehen rund 30 finnische Profis bei den National League-Klubs unter Vertrag.

«Es ändert meine Arbeit überhaupt nicht, aber es ist schon so, dass die besten finnischen Spieler ausserhalb der NHL momentan in der Schweiz oder in Schweden sind», sagt der Headschiedsrichter, der auf die Nachfrage, ob auch die besten finnischen Referees in der Schweiz seien, lachend sagt: «Kein Kommentar! Vielleicht diejenigen, die am besten passen, wer weiss.»
Der verbale Angriff von Marc Crawford
Kaukokari strahlt viel Ruhe aus, lässt gleichzeitig immer wieder Schalk aufblitzen. Ruhe brauchte er in der vergangenen Saison auch, als er, damals noch Austausch-Ref, im Spiel der ZSC Lions gegen Biel vom Zürcher Coach Marc Crawford verbal attackiert und übel beleidigt wurde.
«Es passierte in der Hitze des Moments. Wir hatten ein paar Wochen später ein gutes Gespräch und seither auch keine Probleme mehr. Ich wünsche Marc Crawford ehrlich alles Gute für die Zukunft!», sagt Kaukokari.

Damals wurde vom Trainer natürlich eine Grenze überschritten, Druck und auch Kritik gehören für Schiedsrichter aber dazu. «Das ist ein Teil unseres Business», sagt Mikko Kaukokari.
Um damit so gut wie möglich umgehen zu können, isoliere er sich beispielsweise von den sozialen Medien, stoppe nach den Spielen die Analyse, vergesse, was war und fokussiere sich auf das nächste Spiel.
Er sagt: «Es ist sicher nicht immer einfach. Aber in solchen Momenten, wenn alle Gemüter erhitzt sind und es sehr unruhig ist, sollte man als Schiedsrichter daran denken, dass man in diesem Gebilde derjenige ist, bei dem es wichtig ist, ruhig zu bleiben. Das ist manchmal schwierig, aber wer das beherrscht, zeigt Qualität als guter Referee.»
Seine Fähigkeiten hat Kaukokari hierzulande längst bewiesen. Das Schweizer Eishockey sei mit dem Tempo und den Konterangriffen in seinen Augen etwas unterhaltsamer als das finnische.

In seiner Heimat sei die Mentalität etwas anders, liege der Fokus eher auf der Defensive. «In der Schweiz ist es dagegen offener, man lässt die Spieler eher laufen und sie haben mehr Freiheiten.
Das Schweizer Eishockey bietet eine gute Show und auch die Fankultur ist auf einem anderen Niveau als in Finnland.»
In den Playoffs wird sich die Unterhaltung dann dem Höhepunkt nähern. Entsprechend gross ist die Vorfreude auf diese Zeit auch beim Head-Schiedsrichter, der letzte Saison daheim in Finnland praktisch jedes Spiel der packenden Finalserie zwischen den ZSC Lions und dem Lausanne HC verfolgt hat.
«Das war Eishockey von seiner besten Seite», sagt Mikko Kaukokari, der bei seinem Engagement in der Schweiz am meisten geniesst, dass er mit einer neuen Challenge konfrontiert ist oder wie er sagt: «Neue Herausforderungen sorgen dafür, dass man immer bereit ist.»