SC Bern: Marc Lüthi – SCB wird immer in einheimischen Händen bleiben
Im SLAPSHOT-Interview nimmt CEO Marc Lüthi Stellung zu den drängenden Themen rund um den SC Bern. Und erklärt, warum ausländische Investoren kein Thema sind.

SLAPSHOT: Marc Lüthi, die Besitzverhältnisse im Aktionariat des SC Bern werden besser gehütet als manches Staatsgeheimnis. Besteht eigentlich keine Gefahr, dass der SCB in die Hände ausländischer Investoren fallen könnte?
Marc Lüthi: Nein. Die Besitzverhältnisse ändern sich immer mal wieder. Aber die Mehrheit liegt stets bei Unternehmern aus der Region Bern. Und das wird auch so bleiben.
Da können Trump oder Gorbatschov kommen, völlig egal. Die Werte des SCB sind unverhandelbar, und das bedingt, dass sich der Klub in einheimischen Händen befindet.
SLAPSHOT: Gibt es trotzdem hin und wieder Interessenten?
Lüthi: Natürlich. Aus Russland, aus Nordamerika. Aber wir hören uns das in der Regel nicht einmal an, warum auch?
Letztmals wurde das vor ungefähr 15 Jahren ernsthaft geprüft, damals interessierte sich eine kanadische Gruppe für den SCB. Wir haben das verworfen, weil wir grossen Respekt davor haben, wie viel Schaden in sehr kurzer Zeit angerichtet werden kann.

Dafür gibt es im Schweizer Sport genügend Beispiele. Vor knapp drei Jahrzehnten prüfte auch mal ein grosser Getränkehersteller den Einstieg beim SCB.
Und kam aber zum Schluss, dass es unmöglich ist, diesen Verein in ein «RB Bern» zu verwandeln. Daran hat sich nichts geändert.
SLAPSHOT: Wir fragen deshalb, weil der SCB finanziell in den letzten Jahren nicht mehr ganz vorne mitmischen konnte. Es gibt Klubs, die ihren Verein punkto Mittel längst überholt haben.
Lüthi: Wir werden nie mehr Geld ausgeben als wir einnehmen, schon nur unserer Geschichte wegen.
Es ist richtig, dass andere Vereine mehr Möglichkeiten haben. Aber ich möchte daran erinnern, dass wir zum Beispiel 2019 sicher nicht wegen unserem Budget Meister geworden sind.
Sondern weil wir eine funktionierende Mannschaft hatten, die füreinander gekämpft hat. Es ist für den SCB auch heute und morgen möglich, so eine Saison zu spielen.
SLAPSHOT: Der SCB verdient sein Geld neben dem Eishockeybetrieb mit der Gastronomie. Ist das noch immer die richtige Strategie, in der Post-Corona-Welt?
Lüthi: Die Pandemie hat die Verhältnisse in der Gastronomie verändert, keine Frage. Manches ist heute noch nicht auf dem Level von 2019 – das Mittagsgeschäft in den Innenstädten beispielsweise, unter anderem darum, weil viele Menschen seither im Home Office arbeiten.

Wir haben – je nach Zählweise – zwischen 15 und 20 Gastrobetriebe in unserer Gruppe. Die Sparte macht Sinn, weil es viele Synergien gibt. Es gibt ja inzwischen alles Mögliche. Fussballklubs, die Fahrschulen betreiben und so weiter.
Vielleicht müssen wir uns irgendwann weitere Dinge überlegen, das kann schon sein. Aber es muss Sinn machen.
SLAPSHOT: Der SCB spielt inzwischen in einem der ältesten Stadien der Liga. Gibt es Neuigkeiten in Sachen Infrastruktur?
Lüthi: Das Ziel ist es, bis Ende Jahr zu wissen, in welche Richtung es in der Stadionfrage geht.
SLAPSHOT: Ist die Stehrampe sankrosankt?
Lüthi: Die Stehrampe ist das, was unseren Tempel ausmacht. Aber das Bedürfnis nach Stehplätzen nimmt laufend ab und jenes nach Komfort steigt.

Selbst die aktive Fanszene wünscht sich eine Verkleinerung der Stehrampe. Aber eben: Es ist zu früh, jetzt etwas darüber zu sagen.
SLAPSHOT: Wurden Sie eigentlich selbst einst auf der Stehrampe sozialisiert?
Lüthi: Überhaupt nicht. Ich wuchs ja in Luzern auf. Und als ich 1995 beim SCB zu arbeiten begann, landete ich gleich auf den Sitzplätzen.
SLAPSHOT: Die Zuschauerzahlen waren zuletzt wieder steigend. Aber eine Auslastung von 92,89 Prozent dürfte Sie trotzdem nicht überglücklich stimmen.
Lüthi: Wir haben den mit Abstand höchsten Zuschauerschnitt der Liga. Aber es ist kein Selbstläufer, dieses Stadion 26 mal auszuverkaufen. Nicht mehr, jedenfalls. Es braucht auf allen Ebenen einen Top-Job, damit das gelingt.
SLAPSHOT: Stichwort Top-Job: Der SCB hat seit 2019 keine Playoff-Serie mehr gewonnen…
Lüthi: Ja, aber wir befinden uns auf dem richtigen Weg. Das Fundament ist da. Wir haben eine gute Saison gespielt und hätten die Qualifikation eigentlich besser als auf Platz 3 abschliessen müssen. Wenn ich daran denke, wie viele Punkte wir verschenkt haben (seufzt)…

Aber ja, leider haben wir in Spiel 7 gegen Fribourg-Gottéron das schlechteste Spiel der Saison gezeigt. Ich kann mir das auch nicht erklären, die Analyse läuft.
SLAPSHOT: Es dauerte nach dem Saisonende nicht lange, bis Sie bestätigten, dass Jussi Tapola Coach bleibt. In der Geschichte des SCB hat es noch nie ein Trainer überstanden, zwei Mal in Folge im Viertelfinal zu scheitern.
Lüthi: Das weiss ich nicht, es spielt aber auch keine Rolle. Wir glauben an Jussi. Er hat in den zwei Jahren bei uns hervorragende Arbeit geleistet, es ist eine klare Entwicklung zu erkennen. Es wäre absurd, wegen einem schlechten Spiel zu sagen: Das wars jetzt.
SLAPSHOT: Ihre Zuversicht war einst auch bei Florence Schelling und Raeto Raffainer gross.
Lüthi: Schellings Pech war die Pandemie. Es war nicht alles schlecht, was sie gemacht hat. Und mich stört es, wie respektlos teilweise über sie geredet und geschrieben wird.
Raffainer hat auch vieles bewirkt. Aber er hat leider die SCB-DNA nicht verstanden. Ich hatte den Eindruck, dass er uns zum nächsten Davos oder Zug umbauen wollte. Das geht einfach nicht.
SLAPSHOT: Wie meinen Sie das?
Lüthi: Bei uns sind der Kampf und die Physis von elementarer Bedeutung. Wenn vor den Heimspielen die Mannschaft vorgestellt wird, ist der Jubel bei Tristan Scherwey am grössten, und zwar immer und mit Abstand.

Es ist mir bewusst, dass sich das Eishockey verändert hat und wir uns nicht mehr in der «Röfe-Ziegler-Ära» befinden, in der 60 Minuten lang gekratzt und gebissen wird. Aber wir dürfen unsere Geschichte nicht vergessen.
SLAPSHOT: Unter Tapola ist der SCB grösser und vielleicht auch etwas böser geworden. Aber es gab so viele Mutationen, dass die «Berner Zeitung» 2024 schrieb, der Trainer dürfe nicht zu mächtig werden.
Lüthi: Es ist doch völlig normal, dass ein Trainer eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen verändert. Und es ist nicht so, dass er machen kann, was er will. Das letzte Wort im Sport hat immer noch Martin Plüss.
SLAPSHOT: Ärgert es Sie, wenn er als «Obersportchef» betitelt wird?
Lüthi: Das gehört dazu, wir bewegen uns in der Unterhaltungsbranche. Ich halte es mit der alten Lösung «only no news are bad news».
SLAPSHOT: Kann Plüss für die Saison 2025/26 mehr Geld ausgeben als 2024/25?
Lüthi: Nein, unser Budget bleibt gleich. Mir ist klar, dass es wünschenswert wäre, wenn wir mehr Geld ausgeben können. Aber das alleine garantiert noch überhaupt nichts. Die Liga hat sich im letzten Jahrzehnt deutlich verändert.
Es können heute nicht vier, sondern acht Teams Meister werden. Die beiden Finalisten von 2023 haben in diesem Jahr nicht einmal die Pre-Playoffs erreicht. Das zeigt, dass es verdammt schnell gehen kann in dieser Liga.
SLAPSHOT: Sie gehörten zu jenen Entscheidungsträgern, die sich für eine Aufstockung auf sechs spielberechtigte Ausländer stark machten und mussten dafür einiges an Kritik einstecken. Wie sieht ihr Fazit aus nach drei Jahren in diesem Modus Operandi?
Lüthi: Ich denke, wir haben einen guten Kompromiss gefunden. Die Liga ist besser geworden, attraktiver, da gibt es keine Diskussion. Mir ist es eigentlich egal, woher einer kommt, aber man kann in der Schweiz auch nicht mit 28 Tschechen spielen.

Das Eishockey-Publikum ist, sagen wir mal, traditionsbewusst. Es spielt für die Identifikation schon eine Rolle, ob einer von hier kommt oder eben nicht.
SLAPSHOT: Womit wir beim Nachwuchs wären. Die Integration von Talenten war beim SCB in den letzten Jahren ein schwieriges Thema.
Lüthi: Das muss uns besser gelingen, keine Frage. Im Moment sieht es so aus als könnten sich die ZSC Lions ein bisschen absetzen. Das hat viele Gründe, einer davon ist sicher das Farmteam. Wir hätten auch gerne eines, können uns das aber schlicht nicht leisten.
SLAPSHOT: Es gab vor einigen Jahren Gedankenspiele, dass der SCB, Biel und Langenthal sich eine Swiss-League-Mannschaft teilen könnten, beispielsweise in Langenthal. Warum ist daraus nichts geworden?
Lüthi: Weil es finanziell nicht aufgegangen wäre. Und es auch sportlich Zweifel gab. Drei Teams mit Bedürfnissen, das ist viel. Wer spielt Powerplay?
Wer neben den Ausländern? Das ist alles heikel. Wir sehen gerade beim ZSC, wie wertvoll ein Farmteam sein kann. Aber für ist das momentan nicht zu realisieren.
Über Marc Lüthi
Geboren: 3. August 1961. Werdegang: Zwischen 1998 und 2005 Nachrichtensprecher bei TeleBärn. Seit 1998 Geschäftsführer und Mitbesitzer beim SC Bern. In die Ära seines Schaffens fallen zwei Cup-Siege sowie sechs Meistertitel, der letzte datiert von 2019.