SCL Tigers: Pascal Berger – «Da habe ich nur noch geweint»

Philipp Rindlisbacher
Philipp Rindlisbacher

Mit 36 Jahren hört Stürmer Pascal Berger auf und blickt zurück. Er verrät im Slapshot-Interview unter anderem, wer sein bester Trainer war.

Pascal Berger Slapshot
Pascal Berger ist die personifizierte treue Seele im Schweizer Eishockey: Zehn Jahre spielte er für den SCB, neun Saisons für die SCL Tigers. - IMAGO/Fabrice De Gasperis

SLAPSHOT: Eine Playoff-Teilnahme mit Langnau, dazu die starke Viertelfinalserie gegen Lausanne HC – ist es der perfekte Karriereabschluss?

Pascal Berger: Dieses Ende ist wunderbar, viel schöner hätte ich es mir nicht vorstellen können – bis aufs siebte Spiel natürlich.

Da war es, als hätte uns jemand den Stecker gezogen. Aber wir haben es geschafft, dass sich der grosse Favorit unserem Spiel anpassen musste, wir haben einiges richtig gemacht.

Pascal Berger Slapshot
Für Pascal Berger (r.) endet die aktive Eishockeykarriere mit dem Out im Playoff-Viertelfinal gegen Lausanne HC. - IMAGO/Ralf Wyssenbach

Als mich die Fans verabschiedeten, war ich sehr aufgewühlt. Da habe ich nur noch geweint.

SLAPSHOT: Die Fans schätzten Sie als Vorkämpfer und Antreiber. Und auf einmal schossen Sie in den Playoffs sogar noch drei Tore.

Berger: Deswegen dachte ich aber nicht: Hey, ich könnte die Karriere doch noch verlängern (lacht).

Im Ernst: Ich kann in den Spiegel schauen und weiss, dass ich immer alles gegeben habe. Wirklich immer. Und ich konnte meinen Teil dazu beitragen, dass sich in Langnau die Mentalität grundlegend verändert hat.

SLAPSHOT: Wie meinen Sie das?

Berger: Als ich 2016 ins Emmental kam, herrschte ein ganz anderer Groove. Die Leistungsbereitschaft war längst nicht so ausgeprägt wie heute, was die Einstellung betrifft, war das eine andere Welt.

Diese Saison ist das beste Beispiel: Wir arbeiteten sehr hart für unser Ziel, die Playoff-Qualifikation. Aber damit war niemand zufrieden – im Gegenteil. Die emmental versicherung arena war 16 Mal ausverkauft, wir haben eine Euphorie entfacht.

SLAPSHOT: War Ihre vierjährige Tochter auch einmal in der Arena und hat Sie noch spielen gesehen?

Berger: Ende Januar gegen Rapperswil war sie erstmals da. Sie zu sehen und zu wissen, dass sie mir zuschaut, das hat mir enorm viel bedeutet.

Pascal Berger Slapshot
Insgesamt neuns Saisons stand Pascal Berger für die SCL Tigers auf dem Eis. - IMAGO/Fabrice De Gasperis

Sie kam auch in die Garderobe und war überrascht, dass es gar nicht so fest gestunken hat. Von der Mama hatte sie schlimme Geschichten gehört (lacht).

SLAPSHOT: Nach 19 Profisaisons dürfte sich genügend Stoff für ein «Best of» angesammelt haben. Daher die Frage: Wer war Ihr bester Trainer?

Berger: Antti Törmänen war beim SCB sicher mein prägendster Coach. Er hatte ein perfektes Gespür fürs Team und dachte wie ein Spieler. Manchmal kam er in die Garderobe und sagte: «Ich weiss, ihr habt keine Lust zum Trainieren. Also spielen wir Fussball.»

SLAPSHOT: Und wer war der beste Mitspieler?

Berger: John Tavares, der während des NHL-Lockouts 2012 in Bern spielte. Technisch war er überragend. Und seine Arbeitseinstellung war unglaublich, da war nichts mit Larifari. Aber: «Roman Josi steht eigentlich auf derselben Stufe.»

SLAPSHOT: Mit Bern wurden Sie dreimal Meister, mit den SCL Tigers erreichten Sie zweimal die Playoffs. Wann haben Sie am meisten gefeiert?

Berger: Das war beim letzten Titel 2016. Nach dem Finalsieg in Lugano feierten wir die Nacht durch, meine Frau hat mir später erzählt, dass ich am Abend samt den Kleidern ins Bett gefallen sei und einfach einschlief.

Pascal Berger Slapshot
Mit dem SC Bern wurde Pascal Berger (r.) dreimal Schweizer Meister. Letztmals konnte er den Titel 2016 gewinnen. - PHOTOPRESS/Karl Mathis

Ziemlich lustig war auch, wie uns die Polizei in Bern vom Radiostudio abholte und wieder in die Stadt brachte. Wir brauchten halt ein Taxi (lacht).

SLAPSHOT: Stichwort Playoff-Final: Da erlebten Sie wohl auch Ihre bitterste Niederlage?

Berger: Natürlich, dieses 1:2 im siebten Spiel 2012 gegen die ZSC Lions war unfassbar brutal. Zweieinhalb Sekunden vor Schluss kassierten wir das entscheidende Tor, welches nicht hätte zählen dürfen, weil Goalie Marco Bührer behindert wurde.

Aber dank dieser Niederlage wurden wir in der folgenden Saison Meister. Im Sommertraining sagten wir uns immer: Wir müssen 2,5 Sekunden mehr machen. Das wurde zum Running Gag.

SLAPSHOT: Ihr Alleinstellungsmerkmal war ihr Gitterhelm…

Berger: …ich wurde mehrmals von einem Stock im Gesicht getroffen und verlor drei Zähne. Pro Monat sass ich damals einmal beim Zahnarzt.

Das Beste dabei ist: Als ich meine Frau kennenlernte, sagte sie, wichtig seien ihr bei einem Mann schöne Zähne. Und dann lernt sie einen mit Zahnlücke kennen (lacht). Dass ich mit dem Gitter spielte, war aber nicht ihr Verdienst.

Pascal Berger Slapshot
Der auffällige Gitterhelm war das Alleinstellungsmerkmal von Pascal Berger. - PostFinance/KEYSTONE/Laurent Gillieron

Doch wäre ich nochmals getroffen worden, wäre der Knochen kaputt gewesen und ich hätte mich einer grösseren Operation unterziehen müssen. Der auffällige Helm hatte auch sonst sein Gutes – die Leute im Stadion wussten immer, wo ich gerade war (lacht).

SLAPSHOT: Hatten Sie einen grössten Fan?

Berger: Mein Grosi! Sie ist 82 und ein grosser SCB-Fan. Früher sagte sie: «Du darfst nie nach Langnau wechseln.» Als es dann doch soweit war, rief ich sie an und fragte: «Grosi, ist es in Ordnung, wenn ich zu den Tigers gehe?»

Sie hat mir die Erlaubnis gegeben und war oft bei den Spielen dabei. Das bedeutete mir enorm viel. Ich bin ein Familienmensch – und die Familie steht in den nächsten Wochen ganz im Zentrum.

SLAPSHOT: Das heisst?

Berger: In diesem Sommer will ich möglichst viel Zeit mit meinen Liebsten verbringen. Wir werden mit dem VW-Bus mehrere Wochen durch Südeuropa reisen, das wird ein Highlight.

SLAPSHOT: Haben Sie bereits Pläne für die Zeit danach?

Berger: Pläne habe ich schon, aber ich lasse mir jetzt Zeit, um genau zu überlegen, was ich tun möchte. Ich kann mir auch vorstellen, im Eishockey-Business zu bleiben. Aber zunächst brauche ich eine Pause; ich spürte in den Tagen nach dem Saisonende, wie erschöpft ich war, vor allem in mentaler Hinsicht.

Pascal Berger Slapshot
Pascal Berger kann sich auch nach der aktiven Karriere vorstellen im Eishockey-Business zu bleiben. - SCL Tigers

Eine Agenda ohne Termine ist nun genau das, was ich brauche. Zuerst geht es jetzt darum, den Kopf durchzulüften. Ich lasse mir bewusst viel Raum, mache mir keinen Stress.

Über Pascal Berger

Geboren: 24. März 1989. Grösse: 177 cm. Gewicht: 86 kg.

Stationen: Bis 2016: SCB (Nachwuchs, NL), Young Sprinters (Leihe, NLB). 2016 bis 2025: SCL Tigers (NL). Statistik: 957 NL-Spiele (148 Tore, 134 Assists, 297 Strafminuten). Erfolge: Meister 2010, 2013 und 2016 mit dem SC Bern. Cup-Sieger 2015 mit dem SC Bern.

Mehr zum Thema:

Weiterlesen