Soll die National League wieder auf 12 Teams reduziert werden?
In dieser Ausgabe von «Pro und Contra» geben Nicola Berger und Michael Krein Antwort auf die Frage, ob die National League wieder nur 12 Teams beinhalten soll.
Ja
Von Michael Krein, SLAPSHOT-Autor, Blogger und MySports-Kommentator
Amtlich ist diese Frage im letzten Winter bereits mit «nein» beantwortet worden. Die Vertreter der National League haben entschieden, dass die oberste Liga in Zukunft 14 statt zwölf Mannschaften umfassen wird.
Urheber der Aufstockung war die Covid-Pandemie, aus welcher zwei Aufsteiger (HC Ajoie und EHC Kloten), ohne Absteiger, generiert worden sind. Dennoch darf man sich die Frage stellen, ob sich in der Schweiz 14 Mannschaften im Oberhaus rechtfertigen lassen.
Blicken wir über die Landesgrenzen, ist unser Eishockey-Dasein eigentlich zu klein für eine 14er Liga. In Schweden und Tschechien gehen ebenfalls je 14 Teams an den Start, die Schweden verfügen über 61 000 lizenzierte, die Tschechen über 34 000 lizenzierte Spieler.
Die Schweiz kann knapp 30 000 Akteure aufweisen. Finnland spielt mit knapp 67 000 Lizenzen in einer 15er Liga.
Auch im Unterbau, der ganzen Nachwuchsbewegung, kann die Schweiz (16 000 Junioren) nicht an Schweden (44 000), Finnland (35 000) oder Tschechien (24 000) anknüpfen. Schweden verfügt gegenüber der Schweiz über mehr als das doppelte an Nachwuchskräften und lässt an der Spitze ebenfalls 14 Teams auflaufen.
Die Schweiz hat schlichtweg weder die Tiefe noch die Breite, um der Svenska Hockeyligan Paroli bieten zu können. Dies zeigten jüngst auch die Auftritte in der Champions Hockey League.
Die sportlichen Zahlen sprechen klar für eine Reduzierung der National League, zurück zur guten, alten Zwölferliga.
Die Reduktion würde zudem der Swiss League in die Karten spielen. Seit der Aufstockung der National League hat sich die eigenständige Swiss League, auch hier diente die schwedische «Allsvenskan» als Vorbild, weiter von der Spitze entfernt als angenähert.
Durch die Aufstockung der NL muss sich die einst stolze und konkurrenzfähige Nationalliga B künftig sportlich und wirtschaftlich weiter nach unten orientieren. Ein Zusammenschluss mit der ebenfalls umstrittenen MyHockey-League, welche die langjährige 1. Liga-Zauberformel von drei Gruppen zerstört hat, scheint nur eine Frage der Zeit.
Betrachtet man den wirtschaftlichen Aspekt, boomt die National League wie nie zuvor und dies auch mit 14 Teilnehmern.
In der vergangenen Spielzeit wurde der 7000er Schnitt, nach 2020, zum zweiten Mal erreicht. Der Zuschaueraufmarsch der ehemaligen NLA ist seit 2013 europäische Spitze. Zuschauer-Krösus SC Bern thront gar seit 2000 unangefochten auf dem ersten Platz.
Der Boom um die National League wird auch künftig dazu führen, dass primär nur noch in den Spitzensport investiert wird. Eine Tendenz, welche weltweit zu beobachten ist.
Die wirtschaftlichen Aspekte sprechen klar für die 14 Teams.
Trotz der wirtschaftlichen Entwicklung und des Zuschauerbooms dürfen wir den Grundgedanken nicht vergessen – es geht um den Sport und um die Entwicklung und Förderung des Schweizer Eishockeys als Gesamtprodukt.
Nein
Von Nicola Berger, SLAPSHOT-Autor und NZZ-Redaktor
Der Entscheid, den Abstieg während der Pandemie temporär ausser Kraft zu setzen und die Promotion aber zu ermöglichen, war pragmatisch. Und möglicherweise auch etwas kurzsichtig, weil er kaum reversibel ist – es dürfte auf Sicht unmöglich sein, die für eine Reduktion nötige einfache Mehrheit an Stimmen zusammenzukriegen.
Was verständlich ist: Welcher der potenziell abstiegsbedrohten Klubs will sich schon ins eigene Fleisch schneiden? Es geht um Geld, Jobs, Egos, kurz: die Existenz.
Aber ist es überhaupt nötig, die National League wieder schrumpfen zu lassen?
Die NL ist so attraktiv wie möglicherweise noch nie. Sie bietet Parität, Stars und Partien voller Speed und Attraktivität.
Der in Kloten beschäftigte Olympiasieger Niko Ojamäki, der in den letzten vier Jahren auch in der KHL, in Schweden und in Finnland spielte, sagt nicht umsonst, dass das Niveau und die Leistungsdichte nirgendwo in Europa so gross sei wie in der Schweiz.
Und wer will und genug Mut und/oder Not hat – wie der EV Zug mit Leon Muggli, der ZSC mit Daniil Ustinkov und Kloten 2022/23 mit David Reinbacher –, kann auch trotz der Erhöhung des Ausländerkontingents auf sechs Spieler sehr wohl weiterhin auf Jünglinge setzen.
Am Reiz der NL haben auch die beiden jüngsten Aufsteiger, Kloten und Ajoie, Anteil. Sie haben die Liga bereichert, sie vielseitiger und reizvoller gemacht.
Es wird dem Schweizer Eishockey auf lange Sicht helfen, dass der Jura im Oberhaus vertreten ist. Der letzte weisse Fleck auf der NL-Landkarte ist jetzt das Wallis.
Es ist klar, dass die Aufstockung der NL der Swiss League, diesem wichtigen und punkto Anziehungskraft gemeinhin unterschätzten Konstrukt, geschadet hat. Aber auch die SL zeigt ermutigende Anzeichen: Der in letzter Sekunde abgeschlossene TV-Vertrag mit «Sky» erhöht die Visibilität deutlich.
Dazu ist Winterthur erstarkt, Basel sowieso, und Sierre rüstet mit Chris McSorley im Rücken munter auf. Mit Chur und Arosa gibt es weitere potenziell sehr interessante Anwärter, welche heute oder morgen eine Aufstockung auf zwölf Teams ermöglichen könnten.
Eigentlich müsste es in der Schweiz genügend Ressourcen, Platz und Geld geben, um 26 Profiteams zu finanzieren. Zumal man in der Swiss League schon mit einem Budget von 2 bis 2,5 Millionen Franken Playoff-Ambitionen hegen kann.
Eine Reform braucht es eher auf der Stufe MyHockey-League beziehungsweise 1. Liga. Möglicherweise wird dort eine Liga aufgelöst und neu organisiert werden müssen.
Die MyHockey-League ist als Puffer zwischen Amateur- und Profisport wertvoll – die letzten Aufsteiger Basel und Martigny sind auch dank diesem Vehikel so gut auf die SL vorbereitet gewesen.
Aber spätestens wenn die SL 12 Teams umfasst, wird man sich fragen müssen, ob man den Unterbau nicht neu denken muss.