Wird der ZSC zum Serienmeister?
In dieser Ausgabe von «Pro und Contra» geben Nicola Berger und Daniel Germann Antwort auf die Frage, ob sich der ZSC diese Saison Serienmeister kürt.
Ja
Von Daniel Germann, NZZ-Redaktor
Der EV Zug verteidigte seinen Titel im Frühjahr 2022 erfolgreich, der SC Bern wurde zwischen 2016 und 2019 in vier Jahren dreimal Meister (2016, 2017, 2019), der EHC Kloten reihte von 1993 bis 1996 vier Titel aneinander. Doch die letzte echte Dynastie im Schweizer Eishockey baute der HC La Chaux-de-Fonds. Zwischen 1968 und 1973 gewannen die Jurassier den Titel sechsmal in Folge.
Doch kann ein Schweizer Team eine Dynastie ähnlich jener des HC La Chaux-de- Fonds aufbauen? Warum nicht?
Die Ausgeglichenheit, in sechs, wenn nicht acht der 14 Teams mit ernsthaften Titelambitionen zur Saison starten, ist der Schlüssel zur Attraktivität der Liga.
Doch wenn jemand dazu in der Lage scheint, dann wohl die ZSC Lions. Der einstige Lift-Klub hat sich zur festen Grösse in der National League entwickelt. Seit der Fusion des alten ZSC mit dem Grasshopper-Club im Frühjahr 1997 zu den ZSC Lions hat der Klub die Meisterschaft siebenmal gewonnen.
Der SCB holte seither sechs, der HCD fünf Titel. Wenn es an den Lions etwas zu bemängeln gibt, dann allenfalls, dass es so lange gedauert hat, bis sie im vergangenen Frühjahr wieder einmal den Pokal in die Höhe stemmen durften. Seit dem Umzug 2022 von Hallenstadion in die neue Swiss Life Arena ist er auch sein letztes Handicap losgeworden.
Dank der neuen Vermarktungs- und Gastronomie-Möglichkeiten in der eigenen Arena hat er sich zumindest teilweise von seinem spendablen Präsidenten Walter Frey lösen können. Kein anderer Klub ist wirtschaftlich, aber auch sportlich besser aufgestellt als die Zürcher Löwen.
Sie haben das breiteste Kader, die beste Talentschmiede und an der Spitze mit dem CEO Peter Zahner und dem Sportchef Sven Leuenberger auch zwei ausgewiesene Fachleute, welche das Schweizer Eishockey bestens kennen. Die Lions steigen am 17. September in Biel mit nahezu unverändertem Kader in die neue Meisterschaft. Der Mangel an frischem Blut mag ein kleines Handicap sein.
Doch nach Jahren voller Enttäuschungen hat der Titel vom Frühjahr in Zürich- Altstetten den Hunger auf mehr geweckt. Wenn das nicht zu einer neuen Dynastie reicht, dann mindestens zu einem weiteren Titel im kommenden Frühjahr.
Nein
Von Nicola Berger, SLAPSHOT-Autor und NZZ-Redaktor
Wie definiert man eine Dynastie? «Eine Dynastie ist eine Mannschaft oder Einzelperson, die ihren Sport oder ihre Liga über einen längeren Zeitraum dominiert», weiss das Internet.
«Ein längerer Zeitraum», das sind mindestens drei Jahre. Natürlich kann das reichste, qualitativ beste Team der Liga auch 2025 und 2026 Schweizer Meister werden – der ZSC besitzt alle Ingredienzien dafür: den MVP Simon Hrubec, eine der besten Defensiven des Playoff-Zeitalters, Denis Malgin und exzellente Ausländer. Aber die Chancen stehen schlecht, dass es tatsächlich so weit kommt.
Man darf nicht vergessen, dass es seit der Einführung der Playoffs von 1985 exakt zwei Teams gab, die drei oder mehr Titel in Folge geholt haben: den HC Lugano unter John Slettvoll von 1986 und 1988. Und Kloten von 1993 bis 1996.
Heute ist die Liga deutlich ausgeglichener, die Unterschiede sind marginal. Auf dem Eis, aber auch finanziell – die Budgets der Top-Teams unterscheiden sich durch wenige hunderttausend Franken.
Der ZSC profitierte 2023/24 stark davon, dass sein Kollektiv bis zur Finalserie praktisch verletzungsfrei durch die Saison kam. Das wird kaum noch einmal der Fall sein – zumal mit der Zusatzbelastung Champions Hockey League. Der Liga-Durchschnitt liegt bei knapp 3,5 «Man Games Lost» pro Spiel, der ZSC kam auf anderthalb – hoffentlich hat der Patron Walter Frey dem legendären Teamarzt Gerry Büsser einen schönen Meisterbonus überwiesen.
Unabhängig von potenziellen Verletzungssorgen wäre es ein Wunder, könnte in den Begebenheiten der Moderne noch einmal eine Dynastie erstehen.
Man wähnte den EV Zug auf dem Weg dazu, nach seinen Titeln von 2021 und 2022. Aber Erfolg macht satt, genügsam und fördert die Hybris. Der EVZ kann davon erzählen, der SC Bern auch.
Womöglich macht es der ZSC besser, es muss nicht sein, dass er die Fehler der Konkurrenz wiederholt. Doch die Warnzeichen sind bereits vorhanden: Das Management hat der Mannschaft kaum neues Blut zugefügt und lediglich eine Handvoll Eigengewächse von den GCK Lions befördert. Ist das genug, um den Spannungsbogen im Team hochzuhalten? Vielleicht.
Aber gerade in Zug ist der Erfolgshunger nach zwei mittelmässigen Jahren zurück. Die Aussicht, den alten Rivalen zurückzustutzen, wird dieser Mannschaft eine besondere Motivation sein.