HC Lugano: Antti Törmänen – Er gibt nicht auf
Zweimal schon ist Antti Törmänen an Krebs erkrankt und musste sich schweren Therapien unterziehen. Nun hilft er dem HC Lugano die Erfolgsspur zu finden.

Gallenblasenkrebs ist eine niederschmetternde Diagnose. Wen diesen Befund trifft, der hat nur geringe Überlebenschancen. Die Histologie prognostiziert Betroffenen eine mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung von rund vier bis fünf Monaten.
Doch das sind statistische Durchschnittswerte. Spitzensportler sind nur selten Durchschnitt. Und Antti Törmänen ist es mit Sicherheit nicht.Der Finne war als Eishockeyspieler sogar Weltklasse.
Er gehörte 1995 in Stockholm jenem Team an, das für Finnland den ersten Weltmeistertitel holte und das Eishockeyverrückte Land danach in einen wochenlangen Taumel versetzte. Später spielte er eine Saison lang für die Ottawa Senators in der NHL.
Nach seiner Spielerkarriere wurde er Trainer und kam im Herbst 2011 als Assistent von Larry Huras zum SC Bern. Nach einem Jahr löste er den Kanadier als Headcoach ab und führte den SCB im Frühjahr 2013 zum Titel.

Das sind die statistischen Fakten zu Törmänens sportlicher Karriere. Doch seinen grössten Kampf trug er gegen einen inneren Feind aus. Im Sommer 2020, mittlerweile Trainer beim EHC Biel, erreichte ihn die Krebsdiagnose.
Törmänen stellte sich dem Kampf, besiegte den Krebs und kehrte an die Bande zurück. Doch mitten in den Playoffs des Frühjahrs 2023 erkrankte er erneut an der heimtückischen Krankheit.
Er betreute sein Team noch im Playoff-Final gegen Genève/Servette HC, ehe er sich erneut in die Hände der Mediziner und in die nächste Krebsbehandlung begab.Was das bedeutet, kann nur nachvollziehen, wer selbst einmal in einer ähnlichen Situation ist.
Im Herbst darauf sagte er der NZZ in einem Gespräch: «Für mich war es wichtig, in den Playoffs noch an der Bande zu stehen. Ich war physisch und mental kurzfristig tough genug dafür.»
«Ich helfe dem Coachingstab und den Spielern, falls sie Gesprächsbedarf haben», sagt Antti Törmänen.
Damals wusste er noch nicht, dass er sich damit wohl endgültig vom Trainerjob verabschiedet hatte.
Der Stress an der Bande, die Arbeitszeiten, die sich nach Auswärtsspielen und der Rückkehr von diesen oft bis in den frühen Morgen des nächsten Tages hineinziehen, all das verträgt sich schlecht mit den Anforderungen, welche die Arbeit mit einem National League-Team erfordert.

Noch Anfang Dezember des vergangenen Jahres sagte Törmänen, das Kapitel als Coach sei für ihn wohl abgeschlossen. Noch immer erholt er sich von der zweiten Chemo-Therapie, welcher er sich nach der Rückkehr des Krebses hatte unterziehen müssen.
Sein Körper ist von den enormen Strapazen gezeichnet. Er braucht vor allem eines: viel Ruhe und Schlaf
Umso erstaunlicher kam die Medienmitteilung des HC Lugano, der am 4. Dezember verkündete: «Der Hockey Club Lugano gibt bekannt, dass er einen Vertrag mit dem 54-jährigen finnischen Trainer Antti Törmänen abgeschlossen hat, der bis zum Ende der Saison 2024/25 gilt. Törmänen wird als Senior Advisor des Trainerstabs der ersten Mannschaft und der Nachwuchsabteilung fungieren.»
Anfang Januar hat Törmänen seine Arbeit im Tessin aufgenommen. Er sagt, es sei für ihn schön, wieder im Umfeld einer Profimannschaft arbeiten zu dürfen, ein erster Schritt zurück an die Bande aber sei es nicht.
«Ich helfe dem Coachingstab und den Spielern, falls sie Gesprächsbedarf haben.» An seiner Aufgabe im Tessin ändert sich auch nun, da der Deutsche Uwe Krupp Luca Gianinazzi als Headcoach abgelöst hat, nichts Grundsätzliches.

Törmänen lebt mit seiner Familie weiterhin in Bellmund im Berner Seeland. Die Stadt Biel, in der er zu seiner Zeit als Trainer zu einer Art Eisheiligen geworden war, liegt ihm vor dem Wohnzimmer buchstäblich zu Füssen.
Wenn sich die Nacht über die Gegend legt und unten in der Stadt und dem nahen Eisstadion die Lichter angehen, dann steigt in ihm die Sehnsucht nach dem Eishockey und der speziellen Atmosphäre, die rund um eine Profi-Mannschaft herrscht.
«Meinen Job loszulassen, die Mannschaft in andere Hände zu übergeben, das war einer der schwierigsten Entscheide, die ich in meinem bisherigen Leben zu fällen hatte», sagte Törmänen der NZZ rund vier Monate nach seiner zweiten Krebserkrankung.
Er liebe diesen Job, er sei seine Berufung gewesen. Der Kontakt zu den Spielern, die Arbeit mit ihnen, habe ihm im Kampf gegen den Krebs Kraft gegeben. «In der täglichen Arbeit vergisst man, in welcher Situation man tatsächlich steckt.»