Lausanne HC: Wie Geoff Ward Lausanne wieder in die Spur brachte
Mit dem kanadischen Coach Geoff Ward hat Lausanne HC viele Partien gewonnen, 2024 fehlte nur ein Sieg zum ersten Meistertitel der Klubgeschichte.

Der Anfang war schwer. Die ersten Gehversuche von Geoff Ward im Profihockey endeten schnell: 1999 wurde er in der drittklassigen East Coast Hockey League (ECHL) bei den längst nicht mehr aktiven Arkansas River Blades ersetzt.
Ein Jahr später entliess ihn der deutsche Zweitligist Bad Nauheim. Der Klub wurde von finanziellen Schwierigkeiten geplagt, doch das Publikum war anspruchsvoll geblieben, jemand pinselte auf ein Transparent: «Wir werden Meister im Schönfärben der eigenen Probleme».
Ward verabschiedete sich bald zurück nach Nordamerika und wurde Assistent in der AHL. Das ist ein Job frei von Glamour, der manchmal nicht einmal 30'000 Dollar pro Saison einbringt.

Aber Ward dachte nicht ans Aufgeben, dafür hatte er es zu weit gebracht: Er hatte zufällig zum Eishockey gefunden und nie gespielt. Er war High School-Lehrer in Ontario, Sport und Naturwissenschaften; die Schülermannschaft hatte gerade keinen Coach.
Er half aus, da war er 26. 19 Jahre später war er Assistent von Claude Julien in Boston, es war ein sehr bemerkenswerter Aufstieg, zumal in der NHL, wo es ohne Zutun der Seilschaften des «Old Boys Network» lange fast unmöglich war, einen Job zu finden.
Ward aber schaffte es, später wurde er selbst Headcoach: 2020 beförderten ihn die Calgary Flames, nachdem Bill Peters weichen musste – der ehemalige Spieler Akim Aliu hatte öffentlich gemacht, dass Peters ihn mehrfach mit dem «N»-Wort beleidigt habe.
Ward überstand nur wenige Monate in Calgary, aber trotzdem: Seine Beharrlichkeit hatte sich bezahlt gemacht.
Ein schwaches erstes Jahr
Zwei Jahre nach dem Abschied aus Calgary landet er in Lausanne. Bei einem müden Schwergewicht des Schweizer Eishockeys, das von der Launenhaftigkeit Petr Svobodas zermürbt war.
Ward sagt: «Ich habe mich vor der Unterschrift schon informiert. Aber vor allem habe ich versucht, den Job ohne Vorurteile anzutreten. Ich würde sogar sagen, dass all das, was vorher geschah, einen anderen Effekt auf mich hatte. Denn ich sah das enorme Potenzial. Superbe Infrastruktur. Die Möglichkeit, etwas aufzubauen.»
Das erste Halbjahr allerdings hat etwas Tristes, ein sich auf allen Ebenen in einer Transitionsphase befindendes Lausanne verliert die finalen zwei Qualifikationsspiele in Biel mit 1:8 und zu Hause gegen Zug mit 0:5.
Die Konsequenz ist Platz 11, das schlechteste Abschneiden seit dem Wiederaufstieg von 2013. Ward steigt als angeschlagener Coach in die Saison 2023/24. Doch die Zweifel an ihm werden schnell zerstreut.

Lausanne erreicht Rang 3, stürmt in den Final und rund um den Klub entsteht jene Welle der Begeisterung, die viele im Umfeld sich stets ausgemalt hatten. Aber es brauchte schon die richtigen Resultate, damit sie Realität wurde.
Ward führte Lausanne auch 2025 in den Final, er sagt, der Unterschied zu seinem ersten Jahr sei vor allem in der Kultur innerhalb des Teams zu suchen.
«Wir haben Jungs in der Garderobe, die sich mögen und die sich gegenseitig pushen. Da hat sich eine sehr gute, gesunde Dynamik entwickelt.»
Und er lobt auch Gregory Finger, den Besitzer, der Lausanne in den letzten Jahren trotz atemberaubenden Defiziten von teilweise mehr als zehn Millionen Franken am Leben gehalten hat.
Phänomenaler Teambesitzer
Der amerikanisch-russische Doppelbürger ist für die Öffentlichkeit ein Phantom, es existiert im Internet kein Bild von ihm, aber für die Spieler des Lausanne HC ist er ein fassbarer, nahbarer Besitzer – sagt Ward: «Er behandelt jeden Spieler, als wäre er sein Sohn.
Er ist sehr positiv und hat ein gutes Gespür dafür, was im Team vor sich geht. Er ist jemand, der sich aufrichtig kümmert, ein phänomenaler Teambesitzer. Ich kann sagen, dass alle Jungs für ihn durch die Wand springen würden.»
Wards Wertschätzung scheint von Finger und dem Klub erwidert zu werden, jedenfalls wurde der Vertrag des Coachs im Sommer vorzeitig bis 2028 verlängert. Bei jemandem, der im Februar 64 wird, fragt man sich unweigerlich: Ist Lausanne die letzte Station seiner Karriere?

«Ich wäre überglücklich, wenn es so käme», sagt Ward, und führt aus: «Es gibt auch andere Dinge im Leben, die mich interessieren. Ich würde gerne mehr Ski fahren, beispielsweise.
Aber momentan ist meine Passion fürs Hockey ungebrochen. Ich freue mich jeden Tag darauf, das Training zu leiten und die Spieler zu sehen. Ich bin sehr froh darum, es ist nach so vielen Jahren keine Selbstverständlichkeit.»
Ward sagt, er verspüre eine ganz grundsätzliche Dankbarkeit dafür, in welche Richtung das Eishockey sein Leben gelenkt hat. «Ich hatte das Privileg, mit so vielen interessanten Menschen und Athleten zu arbeiten, ich würde meine Erfahrungen gegen Nichts auf der Welt tauschen.»
Gewichtige Abgänge in der Abwehr
Die Frage ist, ob er Lausanne zum ganz grossen Coup führen kann, zum so ersehnten Titel. Man würde denken, dass die unmittelbaren Chancen gesunken sind, nach den Abgängen der wichtigsten beiden Schweizer Verteidiger Lukas Frick (zu Davos) und Andrea Glauser (Gottéron).

Die Erwartungshaltung rund um den Klub aber schmälert das nicht – das Saisonkartenkontingent war schon im Juli erschöpft. Ward sagt: «Wir können uns nicht damit beschäftigen, welche Erwartungen die Aussenwelt an uns stellt.
Wir versuchen, den Lärm auszublenden und fixieren unsere eigenen Ziele. Klar wollen wir den Titel holen. Aber die Liga ist so ausgeglichen, es gibt sieben, acht Teams, bei denen du weisst, dass es verdammt schwierig ist, sie hinter dir zu lassen.
Wir wollen uns nicht zu viel Druck aufladen. Man darf nicht vergessen, dass es auch wichtig ist, Fun zu haben.»
Auch Ward ist darauf bedacht, Ablenkung zu finden. Er sagt, er sei noch nicht müde geworden, die Gegend um den Lac Léman zu erkunden: «Die Region bietet so viel. Den See, die Berge, all die wunderbaren Golfclubs.»
Ob er schon mal auf der Luxusyacht war, die Gregory Finger bestimmt besitzt? «Nein», sagt Ward lachend, und antwortet: «Aber auf dem schönen Boot von Cristobal Huet war ich schon ein paar Mal.»

Der Coaching Staff scheint sich nahe zu stehen. Und ist jetzt durch zwei neue Assistenztrainer ergänzt worden: Cory Emmerton, der ehemalige kanadische Zwei-Weg-Center, der in der Schweiz in Ambrì, Lausanne und Sierre gespielt hat.
Und Rob Cookson, der mit den ZSC Lions gerade zwei Mal Meister geworden ist. «Er hat Erfahrung damit, wie man Titel gewinnt, das ist hochwillkommen», sagt Ward. Ob die taktischen Kniffe des routinierten Kanadiers das letzte Stück zu Lausannes Meisterpuzzle sind?