Luca Gianinazzi – Neustart im Wallis
Luca Gianinazzi der jüngste Cheftrainer im Schweizer Profihockey. Beim Sky Swiss League-Champion Visp versucht er nun seine Ideen zu verwirklichen.

Einen «Trainerfriedhof» nennt Chris McSorley die Resega – und hat damit recht. Auch wenn sich das letztlich über jede Eishalle sagen lässt, früher oder später.
Doch Lugano ist für seinen Trainerverschleiss berüchtigt. Und zweieinhalb Jahre nach der Entlassung McSorleys vom Oktober 2022 erwischte es im Januar 2025 auch seinen Nachfolger Luca Gianinazzi.
Wobei der Klub – jedenfalls für Lugano-Verhältnisse – sehr viel Geduld mit dem jungen Tessiner bewies.
Die Vereinsführung hatte jene Sätze bemüht, die sie schon bei so vielen von Gianinazzis Vorgängern verwendet hatte: Ein mehrjähriges Projekt. Vollstes Vertrauen. Eine neue Ära.

Doch als das Team nach 36 Runden nur Platz 13 belegte und in Ajoie die vierte Niederlage in Serie kassierte, griffen die vertrauten Mechanismen: Luca Gianinazzi und der Sportchef Hnat Domenichelli wurden entlassen.
Letzterer ist inzwischen General Manager des kanadischen Juniorenteams Vancouver Giants in der Western Hockey League geworden, für das auch sein talentierter Sohn Leonardo spielt.
Gianinazzi sagt, er habe Zeit gebraucht, die Trennung zu verarbeiten, sie habe geschmerzt. Lugano ist seine Heimat, er ist dem Klub seit vielen Jahren verbunden – und die Familie auch: Der Vater geht weiter zu den Spielen, auch wenn der Sohn das Team nicht mehr trainiert.
Die Mutter verkauft Kuchen zu Gunsten der Nachwuchsabteilung. «Lugano wird für mich immer ein spezieller Ort, ein spezieller Klub bleiben», sagt Gianinazzi.
Die Worte von Greg Ireland
Aber irgendwann erinnerte er sich an die Worte von Greg Ireland, dem ehemaligen Lugano-Coach, der heute den HC Ajoie betreut.
Ireland, ein weit gereister Kanadier, hatte ihm einst gesagt: «Ein richtiger Coach wirst du erst mit der ersten Entlassung.»

Unabhängig davon, ob diese These stimmt, ist Gianinazzi um eine Erfahrung reicher. Er sagt: «Die Entlassung war ein extremer Schnitt. Von 100 auf 0. Mir haben die Arbeit und die Emotionen gefehlt.»
32 ist er erst, auch beim neuen Arbeitgeber gibt es Spieler, die älter sind. Die Frage an ihn: Kam die Herausforderung Lugano zu früh?
Er winkt ab und sagt: «Ich würde es noch einmal versuchen, gar kein Zweifel. Es war eine spannende, lehrreiche Zeit, ich nehme viele schöne Erinnerungen mit.
Immerhin habe ich am viertmeisten Spiele aller Lugano-Trainer gemacht.» Es ist eine Statistik, die viel aussagt über den HC Lugano.
Einer, der sein Wirken im Sottoceneri aufmerksam verfolgte, sagt: «Er war früher ja selbst Verteidiger und hatte ein Defensivkonzept, das funktionierte.

Die jungen Verteidiger haben stark von ihm profitiert. Zum Verhängnis wurde ihm, dass zu viele Hintertüren in die Chefbüros weiterhin offen stehen.»
Letzteres Phänomen beklagen seit zwei Jahrzehnten allerlei Branchenkenner, geändert hat sich wenig.
Gianinazzi sagt, er schaue nach vorne – und würde lieber über Visp reden. Es ist eine knifflige Aufgabe, als neuer Coach zu einem Meisterteam zu stossen, weil man sich schon fragen kann, wie empfänglich ein Team für neue Ideen ist, wo die alten doch so prächtig funktioniert haben.
Doch Gianinazzi sagt: «Ich sehe es anders: Der Meister wollte mich, das ist doch eine Ehre. Und die Jungs wollen sich verbessern, sie sind sehr offen für neue Impulse.»
Gianinazzi war einst Personal Trainer – für 80 Franken pro Stunde
Einen Zweijahresvertrag unterschrieb er in Visp. In gewisser Weise befindet er sich jetzt wieder auf vertrautem Terrain: Es geht darum, sich nach oben zu kämpfen.
Gianinazzi war ein technisch und läuferisch ziemlich limitierter Spieler gewesen, der das fehlende Talent mit Einsatz zu kompensieren versuchte.
Für Lugano brachte er es auf vier NL-Einsätze, danach spielte er unter anderem in Morges und von 2015 bis 2017 für Biasca.
Weil es dort wenig bis gar kein Geld zu verdienen gab, jobbte Gianinazzi als Personal Trainer. Jeder konnte ihn buchen, von Athleten bis zu Hausfrauen, für 80 Franken die Stunde.

Das ist lange her, inzwischen wirkt Gianinazzi in seiner neunten Saison als Coach. In Visp hat er die Gelegenheit, seine Ideen in einem ruhigeren Umfeld zu verwirklichen.
Es gibt im Oberwallis keine angriffslustigen Medien, keine überhitzten Fans. Und doch: Wohin soll die Reise gehen? Gibt es einen Karriereplan?
Er lacht und sagt: «Es ist praktisch unmöglich, eine Karriere als Trainer zu planen. Heute bin ich stolz, Visp trainieren zu dürfen.
Und was die Zukunft bringt, werden wir sehen. Es ist ein ambitionierter Klub, falls sich uns eine Chance für den Aufstieg bietet, wollen wir diese nutzen.»
Mindestens zwei seiner Vorgänger aus Lugano-Zeiten werden dagegen etwas einzuwenden haben: Chris McSorley, der mit Sierre in Richtung National League schielt. Und Greg Ireland, dessen HC Ajoie de facto gesetzt ist als Vertreter der NL in der Liga-Qualifikation.
Über Luca Gianinazzi
Geboren: 5. Mai 1993. Grösse: 188 cm. Gewicht: 90 kg. Beim EHC Visp seit: 2025. Vertrag bis: 2026. Bisherige Klubs: Schweizer Nati (Assistant Coach), HC Lugano (1. Mannschaft), HC Lugano (U20, U17).














