Spengler Cup: Team Canada – eine Erfolgsgeschichte
Vor 40 Jahren bereicherte das Team Canada erstmals den Spengler Cup – eine Durchführung ohne das nordamerikanische Aushängeschild ist längst undenkbar.

Am 14. Juni 1984 trifft in Davos ein Telex aus Calgary ein: «We are prepared to send Team Canada 1984». Das war eine kleine Sensation – und das Resultat der Beharrlichkeit von Alfred «Buzz» Gfeller, dem damaligen Zampano des Spengler Cup.
Drei Jahre lang hatte Gfeller, ein ehemaliger HCD-Spieler und späterer Assistenztrainer, sich darum bemüht, den Spengler Cup um die Attraktion einer kanadischen Auswahl zu erweitern. Die Idee: Sie soll einen Gegenpol zur Dominanz der Sowjet-Teams schaffen.
Nach dem Turniersieg des EV Füssen von 1964 war der Spengler Cup 19 Jahre lang stets von Mannschaften aus der damaligen UdSSR gewonnen worden – die einzige Nuance bestand darin, dass die Equipen mal aus Russland, mal aus der Slowakei und hin und wieder auch aus Tschechien stammten.

Das Team Canada durchbrach diese Phalanx 1984 im ersten Anlauf unter dem Startrainer Andy Murray. Bester Skorer war Rob Plumb, ein ehemaliger NHL-Stürmer, den es nach Dübendorf verschlagen hatte.
Er war es auch, der den Siegtreffer markierte – und zwar auf kuriose Art und Weise: Es gibt in jenen Tagen noch kein Finalspiel.
In der Schlussminute steht es 3:3, bei einem Unentschieden zwischen dem Team Canada und Chimik Woskressensk hiesse der Champion Dukla Jihlava. Beide Teams ersetzen ihren Goalie mit einem sechsten Feldspieler – Plumb trifft ins leere Tor.
Einmal drohten die Kanadier mit einem Streik
Die ersten Jahre waren geprägt von der erbitterten Ost-/Westrivalität. Fredi Pargätzi, der die Leitung des Spengler Cup 1989 von Gfeller übernahm, erinnert sich an einen Fall, an dem es beinahe zu einer Spielabsage gekommen wäre: «Die Kanadier sollten gegen Lokomotiv Jaroslawl spielen.
Denen wurden nicht die korrekten Stulpen geliefert, es war die falsche Farbe. Die Kanadier sagten mir: ‹Wir spielen nicht, das ist inakzeptabel.› Das Stadion war ausverkauft, die TV-Übertragung lief schon. Es brauchte viel diplomatisches Geschick, um die Situation zu lösen.

Irgendwann sagte ich: Wenn ihr wegen einer falschen Stulpenfarbe nicht spielen wollt, werde ich das genau so kommunizieren, also reisst euch ein bisschen zusammen. Zwei Minuten vor Anpfiff haben sie dann eingelenkt.»
Es war eine rare Unstimmigkeit in einem sonst sehr harmonischen Verhältnis. Denn das Team Canada gehört inzwischen seit vier Jahrzehnten zum Inventar, es ist heute Publikumsmagnet und Aushängeschild; die Addition ist eine einzige Erfolgsgeschichte.

Die Kanadier leisten einen wichtigen Beitrag, um die sportliche Legitimation zu gewährleisten. Und sie haben die Türen zum gigantischen kanadischen Markt geöffnet. Alle Partien werden auf TSN live übertragen, die Einschaltquoten sind beachtlich.
Entsprechend gross ist in der Regel die Motivation der nominierten Kanadier: Für viele ist es die einzige Gelegenheit, einmal das Trikot mit dem Ahornblatt überzustreifen. Und im Wissen, dass zu Hause die halbe Nation zuschaut, gibt man vollen Einsatz.
Sheddens legendäre Aussage
16 Mal hat das Team Canada den Spengler Cup inzwischen gewonnen, es ist ex-aequo mit dem Gastgeber Davos Rekordsieger. Im kollektiven Gedächtnis haften geblieben ist fraglos vor allem das Turnier von 2012, als aufgrund des Lockouts eine Art NHL-All-Star-Team antrat; unter anderem gaben sich Patrice Bergeron, Devan Dubnyk, Matt Duchene, Tyler Seguin, Jason Spezza, Ryan Smith und John Tavares die Ehre.
Nach einer eigenartigen Startniederlage gegen Mannheim gewann der turmhohe Favorit sämtliche Partien mit mindestens vier Toren Unterschied, im Final wurde der HCD 7:2 niedergekantert. Der Trainer Doug Shedden sagte danach: «Ein Affe hätte diese Mannschaft zum Turniersieg geführt. Aber ich war der perfekte Affe für den Job.»

Über die Jahre ist die Kaderzusammenstellung knifliger geworden – die Klubs der National League verpflichten weniger Kanadier als früher. Und in den übrigen europäischen Ligen wird die Meisterschaft nicht unterbrochen.
Trotzdem ist die beidseitig geschätzte Kooperation nicht in Gefahr: Der aktuelle Vertrag läuft noch bis 2025 und dürfte in den nächsten Monaten erneut um drei bis fünf Jahre verlängert werden. Zuletzt war das mehr oder weniger Formsache.
Pargätzi sagt: «Beide Seiten schätzen diese loyale Partnerschaft sehr. Es ist ungewöhnlich, dass an einem Klubturnier eine Nationalmannschaft antritt, aber das Team Canada hat sich in jeder Hinsicht bewährt. Inzwischen umfasst die Delegation jeweils zwischen 160 und 180 Personen, was uns logistisch vor eine Herausforderung stellt.»

Die Frage stellt sich gar nicht, aber eine Alternative zum Team Canada zu finden, wäre für die Organisatoren schwierig. Der Traum, eine NHL-Auswahl auflaufen zu lassen wird auf Sicht eine Utopie bleiben.
Ein AHL-Team hätte ebenso wenig die gleiche Strahlkraft wie ein Zusammenschluss der besten College-Spieler. Aber eben: Es gibt keinen Grund, weshalb die Organisatoren ohne Not an der aktuellen Zauberformel rütteln sollten.