HC Davos: Lukas Frick – Ein Geschenk Gottes und 130 Strafminuten

Peter Eggenberger
Peter Eggenberger

Der Ostschweizer Verteidiger Lukas Frick hat nach acht Jahren in Lausanne zum HC Davos gewechselt. Mehrere Gründe haben zu diesem Schritt geführt.

Lukas Frick
Der Ostschweizer Verteidiger Lukas Frick hat nach acht Jahren in Lausanne zum HC Davos gewechselt. Mehrere Gründe haben zu diesem Schritt geführt. - KEYSTONE / Gian Ehrenzeller

Am Abend, nach dem Interview, bekommt Lukas Frick Besuch in seinem Haus in Züberwangen. Sieben seiner besten Kollegen, die er aus Nachwuchszeiten in Uzwil kennt, pokern mit ihm.

Wer gewonnen hat, bleibt ihr Geheimnis. Gut gepokert hat Fricks Agent Sven Helfenstein in den Verhandlungen mit dem HC Davos: Frick hat als bald 31-Jähriger einen Fünfjahresvertrag erhalten.

Lukas Frick Slapshot
Lukas Frick hat bei HC Davos einen Fünfjahresvertrag unterzeichnet. - HC Davos

Der Transfer ist aufgefallen. Zunächst aufgrund der Tatsache, dass er noch vor der Saison 2024/25 bekannt gegeben worden ist. Sodann wegen der langen Vertragsdauer. Und schliesslich, weil Frick immer noch zu den besten Schweizer Verteidigern gehört.

Er ist in Züberwangen aufgewachsen, dort, wo er im vergangenen Sommer mit seiner Frau und den beiden fünfjährigen Zwillingssöhnen in sein Elternhaus gezogen ist.

Die Eheleute hatten zuvor mit der Unterstützung seines Schwiegervaters, der Ingenieur ist, das Haus einem grösseren Umbau unterzogen. «Für mich war es ein emotionales Heimkommen», sagt Frick.

Seine beiden Söhne spielen rund ums Haus an denselben Orten, an denen er sich einst ausgetobt hat. Und seiner Frau Kim aus Bassersdorf, die er in der Berufsschule in Winterthur kennengelernt hat – beide haben eine Lehre als Hochbauzeichner abgeschlossen –, gefällt es in Züberwangen.

Obwohl zwischen der Gemeinde in der Region Wil und Lausanne eine Reisezeit von drei bis dreieinhalb Stunden besteht, dachte Frick zuerst an eine Verlängerung seines Vertrags.

Lukas Frick Slapshot
Lukas Frick bei seiner Verabschiedung in Lausanne. - IMAGO/Fabrice De Gasperis

«Weil sich die Angelegenheit hinzog, reifte in mir und meiner Familie die Erkenntnis, dass die Distanz zu gross für ständiges Pendeln war», sagt er. Folglich war Frick an einem Klub näher zu seinem Haus interessiert.

Da traf es sich gut, dass der HCD in der Person von Sportchef Jan Alston auf seinen Agenten zukam. Die Langfristigkeit des Engagements, seine Rolle im Team, die sportlichen Ambitionen unter Trainer Josh Holden, die Infrastruktur und die Halbierung der Reisezeit bis Züberwangen überzeugten den Ostschweizer.

«Mit Klubs, die noch näher gelegen wären, wie den Lakers, den Lions oder Kloten, ergaben sich deswegen gar keine Gespräche», erläutert er.

Charakter und Leaderqualitäten

Alston kennt den linken Verteidiger aus seiner Zeit als Sportchef in Lausanne. Die beiden arbeiteten von 2017 bis 2021 zusammen. «Der Charakter von Lukas und seine Leaderqualitäten sind exzellent», begründet Alston den Zuzug.

Er habe sich in Lausanne zu einem Schlüsselspieler entwickelt. Frick sei ein moderner Verteidiger mit offensiven Qualitäten, hervorragendem Passspiel und überdurchschnittlichen schlittschuhläuferischen Fähigkeiten.

olympia 2022
Lukas Frick im Dress der Schweizer Nati. - Keystone

Laut Alston erhält der HCD durch Fricks Erfahrung aus über 700 NL-Spielen und über 100 Länderspielen eine wichtige Ergänzung seiner Defensive, zu der die Nati-Verteidiger Michael Fora und Sven Jung gehören.

Die lange Dauer des Vertrags rechtfertigt Alston: «Lukas hat in seiner Karriere kaum ein Spiel verpasst. Er war nie ernsthaft verletzt.» Frick habe einen Körper und Gene, die «ein Geschenk Gottes» seien.

Dies ermöglichte ihm eine Serie von 418 NL-Spielen ohne Unterbruch. Ähnliches lässt sich von der soeben zurückgetretenen HCD-Legende Andres Ambühl sagen, weshalb sich kritische Fragen zu älteren Spielern im Bündner Kader von vornherein verbieten … zumal auch Sven Jung als 30-Jähriger einen Vertrag bis 2031 unterzeichnet hat.

Frick selbst weist darauf hin, dass er viele Situationen mit seinem Spielstil antizipiere und so das Risiko einer Verletzung ebenso mindern könne wie jenes von Strafen mit Sperren. «Natürlich gehört neben seriösem Training auch Glück dazu.»

Lukas Frick
Lukas Frick (r.) war bei Lausanne ein Dauerbrenner. - keystone

Er freut sich über die Wertschätzung, die sich in der langen Vertragsdauer zeige, und die neue Rolle, die er in der Davoser Hintermannschaft defensiv wie offensiv übernehmen soll.

«Nach acht Jahren in Lausanne tun frische Impulse gut», findet Frick. Mit dem LHC ist er in den vergangenen zwei Jahren im Playoff-Final gescheitert, ebenso mit Kloten 2014, und auch mit der Nationalmannschaft im denkwürdigen WM-Final gegen Schweden 2018.

Nun wäre die Zeit für seinen ersten Meistertitel also reif… Resultatmässig haben die Lausanner mit zwei Playoff-Finals in den vergangenen zwei Saisons besser abgeschnitten als der HCD.

Zuletzt erwiesen sich die ZSC Lions als zu stark für die Lausanner. Frick weiss wieso: «Wir haben in jedem Finalspiel, das wir verloren haben, etwas Anderes falsch gemacht. Einmal waren wir mental nicht parat, einmal hatten wir zu viele Turnover, einmal zu viele Strafen.»

Die Saisons 2023/24 und 2024/25 lesen sich auf dem Papier nicht mehr ganz so gut für den Ostschweizer wie diejenigen zuvor.

Schweiz Finnland Hockey Games
Janne Kuokkanen (Finnland) gegen Lukas Frick (Schweiz) an den Swiss Ice Hockey Games. - keystone

Er stand im Vergleich mit der Saison 2022/23 je etwa fünf Minuten pro Spiel weniger auf dem Eis und verzeichnete in der Regular Season mit 13 beziehungsweise 9 Punkten jeweils einen der tiefsten Werte seiner NL-Karriere.

Im SLAPSHOT Hockey-Guide 2024/25 wurde deshalb vermerkt, bei Frick sei trotz der hohen Verlässlichkeit ein «schleichender Bedeutungsverlust» auszumachen, mit weniger als 16 Minuten Eiszeit pro Spiel und weniger Verantwortung in den Special Teams.

Frick verteidigt sich: «Die Eiszeit ist für mich kein aussagekräftiger Indikator. Bei Lausanne hatten wir jeweils zwei ausländische Spieler in der Verteidigung. Diese erhalten automatisch viel Eiszeit, gerade im Powerplay.»

In den aussagekräftigeren, detaillierteren Stats habe er gute Werte gehabt. Im Penaltykilling sei er im Gegensatz zum Powerplay stets mit vielen Minuten eingesetzt worden. Frick gesteht indessen zu, dass er wieder mehr Skorerpunkte sammeln müsse.

Zudem dürfe er durchaus noch «etwas böser» werden, angesprochen auf die lediglich 130 Strafminuten in seiner gesamten NL-Karriere. Jan Alston möchte die vergangenen zwei Spielzeiten Fricks nicht öffentlich analysieren.

Der HCD-Sportchef hebt jedoch hervor, dass für den Ostschweizer bei den Bündnern wieder eine Rolle mit mehr Verantwortung, auch in den Special Teams, vorgesehen sei.

Bleibt das Thema Nationalmannschaft. Nationalcoach Patrick Fischer hat den Züberwangener seit den Olympischen Spielen 2022 in Peking, an denen dieser fünf Spiele absolvierte, nicht mehr für eine WM aufgeboten.

Patrick Fischer
Hat Lukas Frick eine Chance ins Team von Patrick Fischer zu kommen? - keystone

Zu anderen Spielen im Nationaldress ist er hingegen bis heute jede Saison gekommen. «Es ist stets sehr bitter, im erweiterten Kreis zu sein, aber an der WM zuschauen zu müssen», sagt Frick.

Es entspricht seinem loyalen Charakter, dass er die Situation hinnimmt, nicht beklagt und sich für den nächsten Grossanlass mit guten Leistungen aufzudrängen versucht. Dies streicht auch Fischer hervor: «Lukas schätze ich als Menschen und als Teamplayer sehr. Er ist ein Musterprofi.»

Er bleibe ein Kandidat für die Olympischen Spiele in Italien im kommenden Jahr, ebenso für die WM im eigenen Land.

Fischer weist auf die Dichte an starken linken Verteidigern hin: «Wir haben etliche Kandidaten aus der NHL wie Janis Moser, Roman Josi, Jonas Siegenthaler und solche aus der National League wie Christian Marti, Tim Berni oder Dean Kukan, der auch links spielen kann.»

NHL
Jonas Siegenthaler (l.) ist einer der Konkurrenten von Lukas Frick um einen Platz in der Schweizer Nati. - keystone

Der Wechsel Fricks sei für die Davoser ein «grosser Gewinn», für die Lausanner ein «grosser Verlust». Der Ostschweizer sei ein guter Zweiwegverteidiger, der in Duellen eins gegen eins kaum zu bezwingen sei.

Er habe im Gegensatz zu seinen frühen Jahren offensive und defensive Arbeit besser in die Balance gebracht.

Fischer erachtet den Transfer Fricks als Chance im Kampf um die Plätze an den Olympischen Spielen und an der Heim-WM: «Wenn Lukas konstant starke Defensivleistungen zeigt und seine Skorerqualitäten wieder vermehrt ausspielt, gehört er zum engeren Kandidatenkreis.»

Über Lukas Frick

Geboren: 15. September 1994. Grösse: 188 cm. Gewicht: 90 kg. Vertrag: bis 2030. Bisherige Klubs: bis 2012: Uzwil (Nachwuchs und 1. Liga), Thurgau, Wil, Rheintal, Pikes (alle Nachwuchs), 2012 bis 2017: Kloten (Nachwuchs und NL), 2017 bis 2025: Lausanne. Grösste Erfolge: Cup-Sieg mit Kloten (2017), WM-Silber mit A-Nationalteam 2018.

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