Pro & Contra: Führt Roger Rönnberg Gottéron zum ersten Meistertitel?

Nicola Berger
Nicola Berger, Daniel Germann

In dieser Ausgabe von «Pro und Contra» gehen Nicola Berger und Daniel Germann der Frage nach, ob Roger Rönnberg Gottéron zum ersten Meistertitel führen kann.

Roger Rönnberg SLAPSHOT
Roger Rönnberg ist der neue Headcoach von Fribourg-Gottéron. - zVg / Fribourg-Gottéron

Ja

Von Nicola Berger, SLAPSHOT-Autor und NZZ-Redaktor

Wir können die Situation ein bisschen mit jener des Nationalteams vor knapp zehn Jahren vergleichen. Als Patrick Fischer überraschend Cheftrainer wurde und schnell vom Weltmeistertitel zu reden begann.

Fischer wurde für seinen Optimismus anfangs belächelt, aber mit seiner unerschütterlichen Zuversicht hat er dafür gesorgt, dass Spieler, Fans und Medien ein neues Denken entwickelten und irgendwann zum Schluss kamen: Ja, Gold ist realistisch.

Roger Rönnberg SLAPSHOT
Der Schwede Roger Rönnberg ist neuer Headcoach bei Fribourg-Gottéron. Er kommt vom schwedischen Topklub Västra Frölunda. - IMAGO/Bildbyran

Fischer wurde mit einem bescheidenen Leistungsausweis Nationaltrainer, als er im Oktober 2015 in Lugano entlassen wurde, war er Tabellenletzter.

Und das mit einem absoluten Luxuskader: Elvis Merzlikins, Steve Hirschi, Damien Brunner, Grégory Hofmann, das Duo Klasen/Pettersson.

Roger Rönnberg hat auch praktisch unmittelbar nach der Vertragsunterschrift bei Gottéron damit angefangen, vom Meistertitel zu sprechen.

Nicht einmal Bykov/Chomutov haben diesen herbeiführen können, aber was solls? Der Abschied von Slava liegt 27 Jahre zurück und seit dem letzten Finaleinzug mit Hans Kossmann (2013) ist auch schon mehr als ein Jahrzehnt vergangen.

Es ist Zeit, Gottéron neu zu denken – zumal sich der Klub nicht kleiner machen muss als er ist: Seit dem Einzug in die BCF-Arena gehört Gottéron in jeder Hinsicht zur Elite, auch wenn zu den Budgets von Genf, Lausanne und Zürich schon noch ein paar Franken fehlen.

BCF Arena National League
Die BCF Arena ist die Heimspielstätte von Fribourg-Gottéron. - Keystone

Mit seinen grossspurigen Ankündigungen («Ich werde nicht gehen, bevor wir nicht ein paar Titel geholt haben.») hat Rönnberg einen Prozess eingeleitet, der im Titel münden soll.

Und Rönnbergs CV befindet sich im Vergleich mit jenem von Fischer nicht einmal in der gleichen Galaxie: Er hat mit Frölunda vier Mal die Champions Hockey League gewonnen und war zwei Mal schwedischer Meister.

Sein Engagement wird für Gottéron einen Kulturschock bedeuten. Man darf davon ausgehen, dass plötzlich Spieler backchecken werden, die diese Tätigkeit vorher bestenfalls vom Hörensagen gekannt haben.

Der Prozess wird Zeit brauchen, aber Rönnberg hat neben allen Vorschusslorbeeren des Universums ja einenprächtig dotierten Dreijahresvertrag in der Tasche.

Wenn es dem Präsidenten Hubert Waeber gelingt, zusätzliche Geldquellen zu erschliessen und der Sportchef Gerd Zenhäusern noch zwei, drei Schweizer Stürmer von Format für einen Wechsel in die prächtige BCF-Arena begeistern kann, dann werden wir in der Ära Rönnberg den ersten Meistertitel Gottérons erleben.

Nein

Von Daniel Germann, NZZ-Redaktor

In der Berner Eishockey-Szene kursiert eine bissige Karikatur zum liebsten Rivalen Fribourg-Gottéron. Sie zeigt das gerahmte Bild eines Drachens, des Wappen-Tiers von Gottéron.

Davor stehen zwei Eishockey-Anhänger. Fragt der eine den anderen: «Wie heisst dieses Bild?» Antwortet der andere: «Ohne Titel.» Es ist eine spitzzüngige Anspielung auf die notorische Erfolgslosigkeit des Klubs.

Der neue Trainer Roger Rönnberg soll diese nun beenden und Gottéron zum Meister machen. Der 54-jährige Schwede kommt mit der Reputation eines absoluten Top-Coachs aus der schwedischen Eliteserie.

Julien Sprunger
Julien Sprunger ist die Kult- und Identifikationsfigur beim HC Fribourg-Gottéron schlechthin, ist aber einer der ältesten Spieler der Liga. - keystone

Er erneuerte den Topklub Västra Frölunda komplett, formte ihn zu einer internationalen Muster-Organisation und führte diese in der Saison 2015/16 zum Double schwedische Meisterschaft/Champions Hockey League.

Wird das reichen, um auch den Freiburger Fluch zu besiegen und den Titel erstmals an die Saane zu holen? Nein. Gottéron hat den Slot, in dem es für den Klub möglich gewesen wäre, Meister zu werden, verpasst.

Die Mannschaft ist überaltert und befindet sich im Umbau. Neun Spieler sind 30 Jahre oder älter, darunter einige Leistungsträger, welche unter anderem geholt worden sind, um diese wichtigste Lücke im Palmarès zu schliessen.

Der Torhüter Reto Berra (38) geht seinem Karriereende entgegen und ist immer wieder verletzt.

Dasselbe gilt auch für die Klub-Ikone Julien Sprunger, der auf seinen 40. Geburtstag zusteuert und nach dem Rücktritt des Davosers Andres Ambühl einer der ältesten Spieler in der Liga ist.

Bald schon wird auch Sprunger in den 1000er-Klub Aufnahme finden. Nur Pierre-Édouard Bellemare (40) vom HC Ajoie und Marc-Antoine Pouliot (40) von Genf/Servette sind noch ein paar Monate älter.

Der ebenfalls bald 40-jährige Rafael Diaz kehrte auf diese Saison von Freiburg nach Zug zurück, ohne seine Titel-Mission an der Saane erfüllt zu haben.

In der Summe scheinen das zu viele Fragezeichen, um den Titel-Fluch in Freiburg endlich zu brechen. Rönnberg hat einen einzigen, nicht unbedingt erwarteten Trumpf an seiner Seite.

Spengler Cup
Fribourg-Gottéron konnte letzte Saison erstmal den Spengler Cup gewinnen. - keystone

Als Assistent steht Lars Leuenberger neben ihm an der Bande. Der Interimstrainer der vergangenen Saison führte Gottéron nur wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme zum Spengler Cup-Sieg und liess die Spieler endlich die Hand an einen Pokal legen.

Das hat den Hunger im Üechtland aber nicht gestillt, sondern allenfalls zusätzlich genährt.

Trotzdem: So gut der Ruf von Roger Rönnberg auch ist, so gross sein Erfahrungsschatz aus Schweden und mit dem schwedischen Nationalteam auch sein mag, er wird Gottéron im kommenden Winter nicht zum Titel führen können.

Dazu ist die Konkurrenz um den Klassen-Primus aus Zürich zu stark und zu breit besetzt. Gottéron wird bis auf weiteres zumindest auf nationaler Ebene ohne Titel bleiben.

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