Ricardo Schödler – «Wir wollen uns ein scharfes Profil geben»

Nicola Berger
Nicola Berger

Unter dem Sportchef Ricardo Schödler hat sich der EHC Kloten modernisiert. Wer ist dieser Zürcher, der jüngste Manager der Liga?

Ricardo Schödler SLAPSHOT
Unter dem Sportchef Ricardo Schödler hat sich der EHC Kloten modernisiert und reizt dank frischen Ideen seine Möglichkeiten umfassend aus. - Thomann / Blick / freshfocus

Es ist das beinahe ultimative Kompliment, das Klotens Präsident Jan Schibli seinem General Manager Ricardo Schödler ausspricht: «Er ist ein Glücksfall für uns», sagt Schibli über jenen Mann, den er 2024 im Rekrutierungsprozess für die Nachfolge der Fehlbesetzung Larry Mitchell gleich selbst kontaktierte.

Schödler, 37, war in der Szene damals nur Insidern ein Begriff, er wirkte bei Swiss Ice Hockey als Teammanager.

Und setzte sich in Kloten in der finalen Ausmarchung gegen Diego Piceci, den heutigen «Leiter National League» beim SC Bern, durch.

Schödler hat in Kloten seither viele Prozesse angestossen. Im Interview erklärt er seine Vision für den Klub.

SLAPSHOT: Der EHC Kloten will «schnell, intensiv, kreativ» sein. Woher stammt die Inspiration für diese Schlagworte?

Ricardo Schödler: Das ist die DNA des EHC Kloten. Unter Vladimir Jursinov lautete das Motto «jung, schnell, attraktiv». Viele Leute verbinden Kloten bis heute mit der Ära Jursinov.

EHC Kloten
Ricardo Schödler war vor seiner Zeit beim EHC Kloten beim Verband unter anderem als Manager des Nationalteams tätig. - keystone

In den letzten Jahren ging das ein bisschen verloren. Aber wir wollen uns ein scharfes, klares Profil geben. Und Spieler rekrutieren, die zu unserer Idee, wie wir Hockey spielen, passen.

SLAPSHOT: Haben Sie dank dieser Vision den Job als Sportchef erhalten?

Schödler: Das müsste der Verwaltungsrat beantworten. Aber ja, ich habe eine 26-seitige Präsentation erstellt. Und mich sehr gefreut, dass es mit der Zusammenarbeit geklappt hat.

SLAPSHOT: Wenn wir Sie richtig verstehen, soll sich eine rote Linie quer durch die Organisation ziehen.

Schödler: Richtig. Das war einer der Gründe, weshalb ich im Sommer 2025 auch die Leitung der U21-Mannschaft übernommen habe.

Zusammen mit unseren Coaches, vor allem Lauri Marjamäki und Martin Büsser, sind wir daran, ein «Principle Book» zu erstellen.

Marjamäki EHC Kloten
Lauri Marjamäki ist Headcoach beim EHC Kloten. - Keystone

Darin wird unsere Spielphilosophie abgebildet sein. Zum Beispiel, dass wir den Puck nicht einfach wegspedieren wollen, wenn wir in Scheibenbesitz sind. Wir sind jetzt daran, diese Grundsätze auch im Nachwuchs zu implementieren.

SLAPSHOT: Kloten wurde für seine Juniorenabteilung jahrelang benieden und produzierte etliche Nationalspieler. Inzwischen scheint die Pipeline versiegt.

Schödler: Es gab eine Baisse, bei gleich mehreren Jahrgängen. Damit sind wir nicht alleine, es geht auch anderen Klubs so. Aber klar: Wir wollen und müssen mehr Spieler der ersten Mannschaft selbst ausbilden.

SLAPSHOT: Die Dinge im Klub scheinen in Bewegung, etliche Bereiche wurden modernisiert.

Schödler: Wir haben die Garderobe neu gemacht, den Spielertunnel. Bei der Ernährung haben wir Dinge verändert.

Wenn wir im Bus zu Auswärtsspielen fahren, kriegen die Spieler für die Rückfahrt Blaulichtbrillen, welche die Erholung fördern sollen.

Nächstes Jahr gibt es einen neuen Kraftraum. Wir versuchen, eine Kultur zu schaffen. Das beginnt schon damit, dass alle, vom Junior bis zum Profispieler, angehalten sind, mit positiver Energie zum Stadion zu kommen. Wir grüssen uns alle, egal ob es der Eismeister oder der Präsident ist.

SLAPSHOT: Man hat den Eindruck, als würde in Kloten gerade das gleiche geschehen wie bei Rapperswil-Jona unter dem Duo Hedlund/Steinmann: Ein finanzschwacher Klub reizt sein Potenzial dank einer Reihe von Optimierungen bis zum Äussersten aus. Aber der nächste Schritt gelingt doch nicht, weil das Geld halt weiterhin fehlt.

Schödler: Ich kann das Budget nicht beeinflussen. Manchmal würde man sich schon nordamerikanische Verhältnisse wünschen, sprich finanzielle Transparenz. Einfach damit Gleiches mit Gleichem verglichen wird.

Uns trennen Welten von den Top-Teams. Das Bewusstsein für diesen Umstand fehlt mir manchmal schon ein bisschen.

Rapperswil-Jona Lakers
Stefan Hedlund war von 2021 bis 2024 Headcoach bei den Rapperswil-Jona Lakers. - keystone

Nur ein Beispiel: Zug hat sich in diesem Sommer von drei Ausländern mit weiterlaufenden Verträgen getrennt. Wir könnten uns nicht einmal ein Buyout leisten.

SLAPSHOT: Darum ist Tyler Morley immer noch in Kloten.

Schödler: Das sagen Sie. Es geht überhaupt nicht um Namen. Ich will nur sagen: Wir haben Limiten. Mein Job ist es, aus den vorhandenen Mitteln das Optimum herauszuholen.

SLAPSHOT: Die neuen Ausländer Lindroth und Puhakka erhielten Zweijahresverträge. Ist das kein Risiko?

Schödler: Wir gehen im Scouting sehr tief, waren uns bei den beiden sehr sicher und erhielten durch das zweite Vertragsjahr einen attraktiven Preis.

Tyler Morley
Center Tyler Morley (l.) steht seit Juni 2023 beim EHC Kloten unter Vertrag. - PostFinance/KEYSTONE/Peter Klaunzer

Wenn Sie ihr Potenzial abrufen, werden beide vermutlich kein drittes Jahr bei uns spielen.

SLAPSHOT: Also bleibt es das Los von Kloten, dass die besten Spieler weiterziehen?

Schödler: Es wird in Kloten schwierig sein, über Jahre ein Team aufzubauen, mit dem man angreifen kann. So realistisch muss man sein. Es bringt nichts, wenn wir Luftschlösser bauen.

Wir wollen eine Top-Adresse für junge Spieler sein, die anderswo vielleicht weniger zur Geltung kommen. Das gilt auch für den Nachwuchs.

Bei uns ist die Durchlässigkeit zwischen den Juniorenteams und der ersten Mannschaft gegeben, das ist längst nicht überall so.

SLAPSHOT: Der Trainer Marjamäki coachte in Finnland Meisterkandidaten und das Nationalteam. Wie haben Sie ihn davon überzeugen können, den Vertrag zu verlängern?

Schödler: Ich habe ihn gefragt, ob er bleiben will. Und er hat Ja gesagt (lacht). Im Ernst: Lauri fühlt sich in Kloten sehr wohl, er hat ja öffentlich mehrfach gesagt, dass er hier den Spass an seinem Job wiedererlangt hat.

Es passt zwischen uns und ihm, wir sind glücklich, dass er uns erhalten bleibt. Der siebte Platz letzte Saison war für uns ein grosser Erfolg.

Lauri Marjamäki EHC Kloten
Lauri Marjamäki war bereits Headcoach der finnischen Nationalmannschaft. - EHC Kloten

Aber noch wichtiger war, dass mehrere Spieler unter diesem Trainer erkennbar besser geworden sind.

SLAPSHOT: Wo sehen Sie Kloten im Liga-Vergleich?

Schödler: Wahrscheinlich steht uns Langnau von den finanziellen Möglichkeiten am nächsten. Der Etat von Ajoie ist tiefer. Alle anderen haben ein grösseres Budget als wir.

SLAPSHOT: Sie waren zuvor Sportchef bei den Amateurklubs Bassersdorf und Bülach. Gibt es Dinge, die Sie aus jenen Stationen mitgenommen haben?

Schödler: Es ist schon ein Unterschied, ob jemand pro Saison einen Materialgutschein von 500 Franken erhält. Oder ein sechsstelliges Salär. Aber ich habe bei beiden Stationen viel lernen dürfen.

SLAPSHOT: Der Ex-Trainer Jeff Tomlinson steht Ihnen als «sportlicher Berater» zur Verfügung. Im Herbst wurde öffentlich, dass Tomlinson quasi über Nacht erblindete. Wie erleben Sie sein Schicksal?

Schödler: Für mich war es natürlich keine Überraschung, weil ich das logischerweise schon länger wusste. Ich bewundere Jeff für seine Kraft. Für mich ist er ein wertvoller Sparringpartner, dem ich Ideen spiegeln kann.

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