Roland Gerber: Ex-Profi in der Ausbildung zum Profi

Andy Maschek
Andy Maschek

2019 setzte Stürmer Roland Gerber seiner Spielerkarriere ein Ende. Nun ist der 41-Jährige auf dem Weg, auch als Headschiedsrichter zum Profi zu werden.

Roland Gerber SLAPSHOT
Im Jahr 2019 hat Roland Gerber seine Spielerkarriere beendet. Nun ist der 41-Jährige auf dem Weg, auch als Headschiedsrichter zum Profi zu werden. - Urs Lindt / freshfocus

2019 setzte Stürmer Roland Gerber einen Schlussstrich unter seine Spielerkarriere, deren Highlights ein Schweizermeistertitel mit dem SCB und zwei Spengler Cup-Siege mit Servette sowie National League-Spiele auch für Langnau, die ZSC Lions und Biel waren. Nun ist der 41-Jährige auf dem Weg, auch als Headschiedsrichter zum Profi zu werden.

SLAPSHOT: Sie besitzen als Schiedsrichter momentan einen «Ausbildungsvertrag». Was heisst das?

Roland Gerber: (lacht) Ich sage ihm «Lehrlingsvertrag». Es ist ein Vertrag mit einem prozentualen Pensum, was im beruflichen Alltag eine Entlastung bringen soll.

Man nimmt an den Meetings der Profis teil, bestreitet mit ihnen das Core-Team-Camp und wird als potenzieller Kandidat ans Profiwesen herangeführt. Man erfährt, was es heisst, Profi zu sein, wie der Job aussehen würde.

Roland Gerber SLAPSHOT
Ein Schweizermeistertitel und zwei Spengler Cup-Siege stehen in der Spieler-Vita von Roland Gerber. - IMAGO / Manuel Winterberger

Es ist eine Art Ausbildung zum Profi. Ob es am Ende zu einem Profivertrag reicht, ist offen, aber es ist ein weiterer Schritt in einer Schiedsrichterkarriere.

Man erhält einen Einblick, so dass man entscheiden kann, ob es passen würde und auf der anderen Seite sehen die Verantwortlichen, ob die Kandidaten die Anforderungen erfüllen.

SLAPSHOT: Und was ist mit dem Transportunternehmen, das Sie mit Ihrem Bruder führen?

Gerber: Daran hat sich bis auf die Tatsache, dass ich während der Saison mein Pensum etwas reduziert habe, um mich besser ins Schiedsrichterwesen einarbeiten zu können und flexibler bin, nichts geändert.

SLAPSHOT: 2019 haben Sie Ihre Karriere als Spieler beendet, nun befinden Sie sich in der Ausbildung zum Profi-Referee: Das nennt man eine steile Karriere…

Gerber: Das ist relativ steil, ja, auch wenn Stefan Hürlimann diesen Weg noch ein wenig schneller absolviert hat. Ich bin sehr zufrieden und hätte es nicht schneller haben wollen.

Ich bin Jahr für Jahr eine Stufe hochgekommen und in der letzten Saison konnte ich meinen Sky-Swiss-League-Status bestätigen.

Gleichzeitig pfiff ich rund 20 Spiele in der National League, weil wir gerade zu Saisonbeginn einige Verletzungen zu beklagen hatten.

Roland Gerber SLAPSHOT
Roland Gerber ist nach der aktiven Spielerkarriere dem Schweizer Eishockey treu geblieben und nun als Schiedsrichter aktiv. - Urs Lindt / freshfocus

So hat sich für mich ein Törchen geöffnet, durch das ich weitere Erfahrungen sammeln und mich präsentieren konnte.

Nun wurde ich ins National-League-Kader aufgenommen und werde in der neuen Saison wohl mehrheitlich in der National League eingesetzt werden.

Der Weg war steil und herausfordernd, aber es hat für mich so gepasst. Ich hatte gute Leute um mich herum, beispielsweise meinen «Götti» Mark Lemelin, und konnte mich dadurch weiterentwickeln.

SLAPSHOT: Götti?

Gerber: Ich war in der dritten Saison Teil dieses Systems im Leistungssport, in dem Auserwählte einen Profi als Götti zur Seite gestellt bekommen. Im ersten Jahr war das bei mir Micha Hebeisen, im zweiten Marc Wiegand und in der letzten Saison Mark Lemelin.

Von den 20 Matches habe ich 70 bis 80 Prozent mit ihm zusammen gepfiffen. So hatte ich eine Stütze, jemanden, von dem ich wusste, dass er da ist, wenn es hart auf hart geht und der auf dieser Stufe Erfahrung hat. Gleichzeitig hatte ich für spezifische Fragen dieselbe Anlaufstelle.

SLAPSHOT: Wann waren Sie erstmals als Head in der National League im Einsatz – und mit welchem Gefühl?

Gerber: Den ersten offiziellen Einsatz in der National League hatte ich am 21. September 2024 in Davos mit dem Spiel zwischen dem HCD und Servette. Und ehrlich gesagt war es schon anders als in der Sky Swiss League.

Alles geht schneller, ist präziser, das Umfeld ist dynamischer – es war sehr interessant und hat mega Spass gemacht.

Mein Vorteil gegenüber anderen Neulingen war, dass ich die National League als Spieler kannte und wusste, was drumherum passiert und was mich erwartet. ich konnte mich aufs Wesentliche konzentrieren und war nicht durch die Zuschauer, die Stimmung oder die Geschwindigkeit überrascht.

SLAPSHOT: Waren Sie trotzdem nervös?

Gerber: Sicher, das ist doch normal! Ein gewisses Kribbeln gehört auch als Schiedsrichter dazu. Man freut sich, ist bereit und will Teil dieses Spiels sein – das ist ein gutes Zeichen.

SLAPSHOT: Es war eine spezielle Affiche für Ihre Premiere. Ein Spiel in Davos gegen Servette, also an dem Ort, wo Sie mit den Genfern zweimal den Spengler Cup gewonnen haben…

Roland Gerber
Roland Gerber (l.) gegen den Davoser Dario Bürgler im Jahr 2012. In seiner Zeit bei Servette-Genf konnte Gerber zweimal den Spengler Cup gewinnen. - PHOTOPRESS/Arno Balzarini

Gerber: Es gab bei Servette und Davos das eine oder andere bekannte Gesicht. Es war ein cooler erster Match und dass der eine oder andere Spruch fiel, war logisch. Aber das alles macht Spass und den Sport interessant.

SLAPSHOT: Sie haben mal gesagt: Wenn man Freunde sucht, ist Schiedsrichter vielleicht die falsche Position. Da kann einen nichts erschüttern.

Gerber: Zu dieser Aussage stehe ich nach wie vor. Erschüttern ist vielleicht falsch, aber es gibt immer wieder neue Situationen, und da muss man lernen, mit diesen Herausforderungen umzugehen.

Ich hatte als Spieler die Emotionen der anderen Fans oder der Spieler ab und zu gegen mich und musste das handeln. Das ist Part of the Game.

SLAPSHOT: Sie wurden zweimal Spengler Cup-Sieger mit Servette, Meister mit dem SCB und hatten eine lange Profikarriere und sind nun plötzlich wieder Lehrling. Können Sie überhaupt noch etwas lernen?

Gerber: Man kann immer lernen! Eishockey ist ein so schneller und dynamischer Sport, keine Situation ist gleich wie die andere, kein Spiel wie das andere und auch als Schiedsrichter hat man nie ausgelernt.

Es gibt immer wieder Situationen, bei denen man sich denkt: Das habe ich noch nie gesehen. Das macht es aber auch aus.

Jedes Spiel ist eine neue Challenge, jede Situation kann eine neue Herausforderung werden – und das macht diesen Sport cool.

Roland Gerber
Roland Gerber (r.) im Trikot der SCL Tigers. - PPR /Marcel Bieri

Als Spieler war es das Ziel, zu gewinnen und den Kübel in die Höhe zu stemmen. Als Schiri will man den Match Sauber und fair durchbringen.

Man hat zwar einen gewissen Druck, aber auch einen super Platz auf dem Eis und kann nach wie vor Teil des Spiel sein.

SLAPSHOT: Was sind Ihre Ambitionen und Ziele?

Gerber: Es wäre cool, mich zuerst in der National League zu etablieren, einen fixen Platz zu haben und so lange wie möglich da tätig zu sein.

Ein Ziel ist es, in dieser Liga mal einen Final zu pfeifen. Ich weiss zwar nicht, wie es in meinem Alter im Schiedsrichterwesen gang und gäbe und überhaupt möglich ist, aber internationale Einsätze, eine WM oder ganz gross geträumt Olympische Spiele wären natürlich ein Traum.

SLAPSHOT: Das heisst, dass das Profiwesen ein ernsthaftes Thema ist?

Gerber: Ich nehme Saison für Saison, schaue, wie ich mich entwickle, will Freude an dieser Aufgabe haben und wenn eine definitive Profitätigkeit ein Thema würde, würde ich das sicher ernsthaft prüfen.

Aber schlussendlich entscheide nicht ich, ob es so weit kommt, sondern das Management. Man kann zudem auch als Amateurschiedsrichter eine gute Karriere absolvieren.

SLAPSHOT: Haben Sie das Profiszenario und die Folgen für Ihr Geschäft schon mit Ihrem Bruder thematisiert?

Gerber: Als erstmals eine Profitätigkeit denkbar wurde, haben wir uns damit auseinandergesetzt und alles besprochen.

Roland Gerber
Sieht als Schiedsrichter nun das Eishockeyspiel aus einer anderen Perspektive. - KEYSTONE / Peter Schneider

Wenn sich die Gelegenheit ergibt und das Drumherum stimmt, können wir das gemeinsam sicher organisieren und eine Umstrukturierung in unserer Firma vornehmen. Wir haben es also im Hinterkopf.

SLAPSHOT: Die Weichen sind gestellt…

Gerber: Ich bin scheinbar auf einem guten Weg, fühle mich wohl, es macht Spass. Aber Hockey bleibt Hockey, es ist sehr schnelllebig und dynamisch, morgen kann alles schon wieder ganz anders aussehen.

Ich schaue, wie ich mich weiterentwickle und ob meine Fähigkeiten auf dem Eis reichen, wird sich zeigen. Meine Basis ist: Ich muss Freude haben!

Mehr zum Thema:

Weiterlesen